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Libyscher Protest in Berlin

22. Februar 2011

Nach wie vor versucht das Gaddafi-Regime, die Proteste für Demokratie in Libyen niederzuschlagen. Angesichts dieser Situation in ihrer Heimat haben Regimegegner vor der libyschen Botschaft in Berlin protestiert.

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Demonstrierende Anti-Gaddafi-Demonstranten vor der libyschen Botschaft in Berlin (Foto: DW)
Anti-Gaddafi-Demonstranten vor der libyschen Botschaft in BerlinBild: DW

Mehr als einhundert libysche Demonstranten haben sich gegenüber dem Gebäude der libyschen Botschaft in Berlin versammelt und rufen immer wieder die Losung "Diktator raus". Vom zweiten Stock der Botschaft werden sie von einem Mitarbeiter gefilmt. Früher hätten viele von ihnen davor Angst gehabt. Aus gutem Grund: Erst am Montag (21.02.2011) hat ein Berliner Gericht einen libyschen Spion verurteilt, weil er Informationen gegen Oppositionelle in Deutschland gesammelt hatte. Aber davon lasse man sich nicht mehr beeindrucken, sagt Nasser, ein in Hamburg lebender libyscher Islamwissenschaftler. Die Kundgebung solle dazu beitragen, dass das Massaker in Libyen beendet wird. "Das Regime soll seine Macht übergeben", fordert Nasser. "Wir brauchen es nicht mehr. Gaddafi hat über 40 Jahre regiert, er hat 40 Jahre das Land unterdrückt. Das möchten wir nicht mehr."

Ständig in Kontakt mit Libyen

Regimegegner Mohamed Ben Hmeda (Foto: DW)
Der Exil-Libyer Mohamed Ben Hmeda hofft auf den Wandel in seiner HeimatBild: DW

Knapp 4.000 libysche Staatsbürger leben in Deutschland. Viele von ihnen versuchen sich per Telefon und Internet über die Situation in Libyen zu informieren, über ihre Freunde und Verwandten. So auch der in Deutschland aufgewachsene Student Zeidan. Sogar während der Protestkundgebung vor der libyschen Botschaft kommuniziert er mit einem Freund in Tripolis, der ihm gerade eine SMS geschickt hat. Er habe ihn darum gebeten, dessen Facebook-Account zu reaktivieren, weil er in Libyen gesperrt wurde. Zeidan wollte von seinem Freund wissen, wie die Situation in seinem Viertel ist. "Er antwortete mir, dass es bislang ruhig sei. Doch jetzt fangen die Leute langsam an, auf die Strasse zu gehen. Man höre Schüsse und dass sie weitermachen, bis die weg sind“, erzählt Zeidan.

Ein Leben lang nur Gaddafi

Fahnenschwenkend demonstrieren Gaddafi-Anhänger in der libyschen Botschaft in Berlin (Foto: DW)
Sie fordern ein "einheitliches Libyen": Gaddafi-Anhänger in BerlinBild: DW

Die, das ist das Gaddafi-Regime. Und das möchte auch die junge Medizinerin Nahla los werden. Nahla stammt aus der umkämpften nordostlibyschen Stadt Benghasi. Vor zwei Jahren ist sie nach Berlin gekommen, um zur Fachärztin ausgebildet zu werden. Über die Demokratiebewegung in ihrem Land ist sie mehr als erstaunt. Sie glaube das alles noch nicht, sagt Nahla. Freiheit in Libyen, das sei etwas ganz Neues für sie, sie wüsste auch nicht wie das gehen solle. Denn sie "kenne immer nur Gaddafi."

Deutschland muss helfen

Wie es ohne den selbsternannten Revolutionsführer gehen soll, dass kann sich Mohamed Ben Hmeda sehr wohl vorstellen. Seit 38 Jahren lebt er in Deutschland. Notgedrungen. Denn in Libyen wurde der Regimegegner zum Tod verurteilt. Die neuste Entwicklung in seinem Heimatland mache ihn glücklich, weil sie zeige, dass Demokratie auch in Libyen eine Zukunft habe. Er wünsche sich, dass man im Ausland und besonders in Deutschland Libyen nicht nur als ein ölexportierendes Land wahrnehme, sondern auch die Anstrengungen seiner Landsleute nach Freiheit und Demokratie würdige. "Gerade von Deutschland", so Mohamed Ben Hmeda, "dass Erfahrungen mit der Diktatur in Ostdeutschland gemacht hat, erwarten wir Unterstützung. Nicht nur moralische. Wir erwarten auch, dass Deutschland dazu beiträgt, dass überall im Ausland die Konten von Gaddafi und seiner Familie eingefroren werden." Der Gaddafi-Clan habe nicht nur das Land geplündert, sondern auch heruntergewirtschaftet.

Gaddafi-Anhänger mit Staatsstipendium

Regimegegner und Student Zeidan (Foto: DW)
Der Student Zeidan hält auch jetzt per SMS Kontakt in die HeimatBild: DW

Auf dem Gelände der libyschen Botschaft in Berlin haben sich zur gleichen Zeit etwa zwanzig Gaddafi-Anhänger versammelt. Es sind Botschaftsangehörige und Studenten, die ein Stipendium des libyschen Staates bekommen. Mit Gaddafi-Porträts in der Hand rufen sie immer wieder die Losung "Einheitliches Libyen – keine Spaltung." Unter den regimetreuen Libyern ist auch der Student Muhamed. Er und die anderen sind zur Botschaft gekommen, um zu fragen, was los sei, sagte sie. "Hier erzählt man uns", so Muhamed, "dass alles in Ordnung ist. Es gibt Probleme, aber die sind nicht groß." Um seinen Worten noch mehr Gewicht zu verleihen, führt er noch an: "Ich habe auch meine Mutter angerufen und sie sagte mir auch, alles sei in Ordnung." So recht mag man ihm das nicht glauben. Denn wenn das so wäre, würden hier noch mehr Gaddafi-Anhänger stehen.

Autor: Panagiotis Kouparanis

Redaktion: Stephanie Gebert