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PolitikSlowakei

Proteste gegen Auflösung der slowakischen Rundfunkanstalt

16. März 2024

Tausende Menschen haben in den beiden größten Städten der Slowakei gegen die Regierung von Ministerpräsident Robert Fico demonstriert. Sie plant einen Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens RTVS.

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Zahlreiche Menschen mit Lichtern auf dem Freiheitsplatz in Bratislava
Viele Demonstranten versammeln sich auf dem Freiheitsplatz in Bratislava Bild: Jaroslav Novak/dpa/TASR Slovakia/AP/picture alliance

Zu den Kundgebungen aufgerufen hatten die beiden liberalen Oppositionsparteien "Progressive Slowakei" (PS) und "Freiheit und Solidarität" (SaS). Sie werfen der Regierung der Slowakei vor, sie wolle die Rundfunkanstalt unter ihre Kontrolle bringen und am Ende einen Propagandasender daraus machen.

Die Kundgebungsteilnehmer trugen Transparente mit Aufschriften wie "Wir geben RTVS nicht her!" sowie Karikaturen und Schmähparolen gegen Kulturministerin Martina Simkovicova. Die ehemalige TV-Ansagerin eines privaten Boulevardsenders wurde von der rechtspopulistischen kleinsten Koalitionspartei SNS (Slowakische Nationalpartei) für den Ministerposten vorgeschlagen, gehört dieser aber nicht an. Kritiker sagen ihr eine Nähe zu Corona-Leugnern und Verschwörungstheoretikern nach.

Am Montag hatte Simkovicova dem Kabinett einen Gesetzentwurf zur internen Beratung vorgelegt, der die Umstrukturierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt vorsieht. RTVS soll formell aufgelöst und in eine neue Institution namens STaR (abgekürzt für Slowakisches Fernsehen und Rundfunk) umgewandelt werden. Die Kulturministerin und andere Regierungsvertreter erklärten derweil, Ziel sei vor allem, die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt zu sichern. So wolle man das bisher für RTVS geltende Verbot von Werbung im Internet aufheben und die Möglichkeit von Direktzahlungen des Staates für Aufträge ausbauen.

Breite Kritik gegen Regierungspläne zu RTVS

Oppositionspolitiker wiesen hingegen darauf hin, dass der Gesetzentwurf eine größere Einflussnahme durch Regierung und Parlament vorsehe. Mehr als tausend RTVS-Mitarbeiter unterschrieben einen Protestaufruf und schlossen einen Streik nicht aus. Auch die Europäische Rundfunkunion EBU, der RTVS ebenso wie die deutschen Sendeanstalten ARD und ZDF angehört, kritisierte die Pläne der slowakischen Regierung von Ministerpräsident Robert Fico als Gefährdung der Unabhängigkeit des Mediums. Nichtregierungsorganisationen kündigten an, die EU-Kommission einschalten zu wollen.

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico Bild: Kenzo Tribouillard/AFP/Getty Images

Auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova kritisierte das Gesetzesvorhaben. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur TASR erklärte sie: "Es gibt keinen realen Grund für die Auflösung von RTVS außer einem einzigen - nämlich die politische Kontrolle darüber zu übernehmen." Tatsächlich kann die Regierung den gegenwärtigen RTVS-Chef Lubos Machaj, dem sie politische Einseitigkeit vorwirft, nach derzeitigem Gesetz nicht absetzen. Eine formelle RTVS-Auflösung würde jedoch diese Hürde aus dem Weg räumen. Machaj war 2022 vom Parlament gewählt worden, als darin Gegner Ficos die Mehrheit hatten.

Protestwelle gegen Fico

Tausende von Menschen sind in letzter Zeit wiederholt landesweit auf die Straße gegangen, um gegen Ficos prorussische Politik und andere Vorhaben zu demonstrieren. Dazu gehört ein Plan zur Änderung des Strafgesetzbuchs, der eine geringere Bestrafung der Korruption und einiger anderer Straftaten sowie eine erhebliche Verkürzung der Verjährungsfristen vorsieht. Mehrere Personen, die mit der Partei des Premierministers verbunden sind, sind in Korruptionsfälle mit strafrechtlicher Verfolgung verwickelt. 

Fico kehrte 2023 zum vierten Mal an die Macht zurück, nachdem seine linksgerichtete Partei Smer die Parlamentswahlen am 30. September mit einem russlandfreundlichen und antiamerikanischen Programm gewonnen hatte. Fico, der für seine Tiraden gegen Journalisten bekannt ist, bezeichnete kürzlich einen großen Fernsehsender, zwei landesweite Zeitungen und eine Online-Nachrichten-Website als seine Feinde.

kle/se (dpa, ape)