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Provokation als Beruf

Ole Skambraks10. Mai 2008

Wenn es um die Menschenrechte geht, nimmt Robert Ménard kein Blatt vor den Mund. Seit über 20 Jahren kämpft der Franzose mit seiner Organisation Reporter ohne Grenzen für die Pressefreiheit.

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Robert Ménard (rechts) posiert mit dem chinesischen Menschenrechtsaktivisten Wei Jingsheng vor einem Poster der Organisation Reporter ohne Grenzen (Foto: dpa)
Kämpft für Menschenrechte in China - Robert Ménard (rechts) mit dem chinesischen Dissidenten Wei JingshengBild: picture-alliance / dpa

Robert Ménard ist stolz auf die Narben, die er am Körper trägt. Sie zeugen von seinen "Feldzügen" für die Einhaltung der Menschenrechte. Mit spektakulären Aktionen macht er weltweit auf Pressezensur und die Inhaftierung von Journalisten aufmerksam. Seinen Kampf beschränkt Ménard schon lange nicht mehr alleine auf den Mediensektor. Keine Freiheit ohne Pressefreiheit lautet das Motto seiner Organisation, Reporter ohne Grenzen. Der 53-jährige Franzose beschreibt sich selbst als cholerischen Menschen mit ausgeprägtem Charakter.

Seit der Kandidatur Pekings für die Olympischen Spiele protestierte Reporter ohne Grenzen gegen China als Austragungsland. Das Symbol von fünf ineinander verschlungenen Handschellen, die auf schwarzem Grund wie Olympische Ringe angeordnet sind, kennt man mittlerweile auf der ganzen Welt. Am 24. März sprang Robert Ménard mit einer solchen Fahne vor die Kameras der Journalisten in Athen und störte die Entzündung des Olympischen Feuers. Ménard ist überzeugt, dass man Sport und Politik nicht trennen kann. Für ihn steht der Präsident des Olympischen Komitees in der Verantwortung.

"Europa ist zu sehr an Geschäften mit China interessiert"

Gesicht von IOC-Präsident Jaques Rogge nah, im Hintergrund Olympische Ringe (Foto: AP)
Im Zentrum der Kritik: IOC-Präsident Jaques RoggeBild: AP

"Jacques Rogge erreicht nichts, weil er nichts fordert", behauptet Ménard. Rogge sage immer, er sei Organisator eines großen Sportevents, und man solle ihn nicht auf Menschenrechte ansprechen, denn er mache keine Politik. Das sieht Ménard anders: "Die Entscheidung für Peking ist in jedem Fall auch eine politische Entscheidung." Er forderte die Politiker der Europäischen Union auf, geschlossen die Eröffnungszeremonie in Peking zu boykottieren. Im Besonderen richtete sich sein Appell an Nicolas Sarkozy.

Der französische Staatschef wird Europa zum Zeitpunkt der Eröffnungsfeier als Ratspräsident vertreten. "Man kann nicht so tun, als wären die Menschenrechte in Europa von Europäern erfunden worden, und sie dann einfach vergessen, wenn der Moment nicht passend erscheint", sagt er. "Es ist klar, dass dies den europäischen Regierungen lästig ist. Sie sind von nur einer Sache besessen: Geschäfte mit den Chinesen zu machen."

Der Zutritt nach China ist versperrt

Robert Ménard (rechts) bei Demonstration vor der Zentrale des Nationalen Olympischen Komitees in Peking (Foto:AP)
Robert Ménard (rechts) demonstriert vor dem Nationalen Olympischen Komitee ChinasBild: AP

Von Kamerun bis in das Kosovo über Tunesien und Kuba - Robert Ménard war schon in fast jedem Land, das auf den hinteren Plätzen des Media Freedom Index steht. Diese weltweite Rangliste der Medienfreiheit wird jährlich von Reporter ohne Grenzen herausgegeben. Allerdings wird von Kritikern bemängelt, dass Ménard sich selten zu Zensur und Pressekonzentration in westlichen Ländern äußert. Ein 2007 erschienenes Buch unterstellt sogar, dass sich seine Organisation mit Hilfe des US-Geheimdienstes CIA finanziere. Eine These, die Ménard als lächerlich bezeichnet. Er erklärt, Reporter ohne Grenzen finanziere sich zum Großteil selbst, durch Auktionen und Verkäufe von Fotobänden und Merchandising. Allein die T-Shirts mit den Handschellen hätten bis jetzt eine Million Euro eingebracht, die Nachfrage sei unglaublich.

Die Resonanz lässt Robert Ménard auf eine Besserung der Lage in China hoffen. Seine Protestaktionen wird er bis zur Eröffnungszeremonie fortsetzen. Nur in China kann Ménard nichts mehr ausrichten: "Ich kann nicht nach Peking reisen. Letzten August wurde ich dort verhaftet, als wir vor dem Sitz des Olympischen Komitees protestiert haben", sagt er bedauernd. Er sei verhört und des Landes verwiesen worden. Vor einigen Monaten habe er versucht über Hongkong nach China zu kommen. Vergeblich. "Die Behörden haben meinen Pass mit einem Stempel versehen, der mir für immer die Einreise nach China untersagt. Ich bin überzeugt, dass die kommunistische Regierung nicht endlos an der Macht bleiben wird, und dass ich es noch erlebe, in ein demokratisches China zurückzukehren."