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Prozess in Guantanamo

Daniel Scheschkewitz5. Juni 2008

Fast sieben Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA sollen im US-Stützpunkt Guantanamo fünf mutmaßlich Verantwortliche abgeurteilt werden. Informationen zu einem fragwürdigen Verfahren.

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Ein Gefangener im Camp Delta des US-Stützpunkts Guantanamo wird von Wächtern abgeführt (AP Photo/Brennan Llinsley)
Ein Gefangener im Camp Delta des US-Stützpunkts Guantanamo wird von Wächtern abgeführt (Archivfoto)Bild: AP

Auf dem US-Militärstützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba beginnt am Donnerstag (05.06.2008) der Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. Septembers 2001, Khalid Sheikh Mohammad. Angeklagt sind auch vier weitere Terrorverdächtige, darunter der früher in Hamburg wohnhafte Ramzi bin al-Shibh. Die Angeklagten wurden im Dezember 2006 aus geheimen CIA-Gefängnissen nach Guantanamo gebracht und sollen dort vor einer so genannten Militärkommission abgeurteilt werden, für die der US-Kongress im Jahr 2006 die Gesetzesgrundlage schuf.

Die Militärkommission besteht aus einem vorsitzenden US-Offizier und 11 Beisitzern, die im Falle der Todesstrafe einstimmig entscheiden müssen.

Anwalt nicht zugelassen

Den Angeklagten steht während des Verfahrens kein Anwalt, sondern nur ein Übersetzer und ein Rechtsbeistand zu, der von den US-Militärs gestellt wird. Während der Anhörung sitzt der Gefangene auf einem Plastikstuhl, ist an den Händen gefesselt und am Boden angekettet.

Die Anhörungen sind keine Prozesse im streng rechtstaatlichen Sinne. So ist die Beweislast der Anklage insofern außer Kraft gesetzt, als auch Beweise gelten, die nur auf mündlicher Zulieferung beruhen.

Unter Folter erpresste Geständnisse sind zwar nicht erlaubt, sehr wohl aber Aussagen der Gefangenen, die mit folterähnlichen Methoden, wie dem so genannten Water-Boarding zustande kamen. Dabei wird dem Angeklagten der Eindruck vermittelt, er könne ertrinken. Es gilt als sicher, dass diese Verhörmethode zumindest im Falle des Hauptangeklagten Sheikh Mohammad vor dem Jahr 2006 mehrfach angewandt wurde.

Beweise unter Verschluss

Die Angeklagten dürfen sich während des Verfahrens zu den gegen sie erbrachten Vorwürfen äußern, nicht aber alle Beweise einsehen. Gegen das Urteil kann keine Berufung vor ordentlichen US-Gerichten eingelegt werden.

Akkreditierte Journalisten haben Zugang zu den Verfahren, Kameras sind in dem nach strengen Sicherheitsmaßstäben eigens eingerichteten Gebäude allerdings nicht zu gelassen. Die Pressevertreter dürfen sich während des Verfahrens auch keine Notizen machen.

Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer Farce. Die US-Regierung beruft sich darauf, dass es sich bei den Gefangenen um "ungesetzliche Kombatanten" handele, die außerhalb der gültigen Rechtsnorm stünden. Kritiker monieren auch den Zeitpunkt für die Verfahren, wenige Monate vor den US-Präsidentschaftswahlen.

Alle Angeklagten befinden sich seit mehr als fünf Jahren in US-Gewahrsam. Der frühere Chef der Militärkommission, Oberstleutnant Morris Davis, legte im Oktober 2007 aus Protest gegen den vom US-Verteidigungsministerium entfachten Druck sein Amt nieder. Die US-Militärjustiz strebt für alle Angeklagten die Todesstrafe an.

Scheikh Mohammad hat sich selbst als "Drahtzieher" des Anschlages auf das World Trade Center in New York bezeichnet. Dabei kamen am 11. September 2001 insgesamt 2793 Menschen ums Leben.