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Präventionsgipfel gegen radikalen Islamismus

24. Juni 2011

Auf einem "Präventionsgipfel" berät Bundesinnenminister Friedrich mit Vertretern von Muslimen und Sicherheitsbehörden über Strategien gegen islamistische Gewalt. Friedrich warnt besonders vor radikalen Islam-Konvertiten.

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Zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten patroullieren im Terminal 2 des Flughafens in Frankfurt (Foto: dpa)
Nach dem Anschlag am Frankfurter Flughafen wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärktBild: picture alliance/dpa

Der "Präventionsgipfel" soll nach den Worten des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich den Auftakt zu einer umfangreicheren "Sicherheitspartnerschaft" zwischen Sicherheitsbehörden und Muslimen bilden. Friedrich hält eine solche Partnerschaft für notwendig, weil es nach Einschätzung seines Ministeriums eine zunehmende Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland gebe. Vor allem das Internet sei eine Gefahr, da sie dort Zugang zu Propaganda und zu radikalen Gruppen hätten. Auch Gewalttaten würden im Netz geplant. Dieser Entwicklung solle nun entgegengewirkt werden.

Beispiel für Gefahr in Deutschland

Innenminister Hans-Peter Friedrich am Mikrofon (Foto: DW / Matthias von Hein)
Innenminister Hans-Peter Friedrich warnt vor deutschen Islam-KonvertitenBild: DW

Als konkretes Beispiel für die Gefährdung durch radikale Islamisten nannte das Ministerium das Attentat vom 2. März am Flughafen Frankfurt, bei dem zwei US-Soldaten getötet wurden. Dies sei der erste vollendete islamistisch motivierte Anschlag in Deutschland gewesen, es handle sich aber nicht um einen Einzelfall.

An dem "Präventionsgipfel" nehmen am Freitag (24.06.2011) in Berlin außer Friedrich (CSU) die beiden Länderinnenminister Ehrhart Körting (Berlin, SPD) und Uwe Schünemann (Niedersachsen, CDU) teil. Die Sicherheitsbehörden werden durch die Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, vertreten. Hinzu kommt der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt. Für die Muslime sitzen Repräsentanten der großen Verbände Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), Vertreter der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) und Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD) am Tisch.

Kritik am "Präventionsgipfel"

Das Treffen provozierte vorab Kritik aus mehreren Richtungen. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte in einem Zeitungsinterview: "Wir haben bereits in der ersten Islamkonferenz eine Arbeitsgruppe zu Sicherheitsfragen gehabt und uns dort intensiv ausgetauscht." Darüber hinaus gebe es schon seit 2004 regelmäßige Konsultationen mit den Präsidenten des Bundeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes. Diese Dialogstrukturen seien bereits über Jahre gewachsen.

Porträt Aiman Mazyek (Foto: Aiman Mazyek, Zulieferer: Abdelhai Alami)
Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland warnt vor GeneralverdachtBild: Privat

Linke und Grüne teilten die Einschätzung Mazyeks und empören sich gegen den allgemeinen Generalverdacht gegen Muslime. Außerdem gebe es bereits eine entsprechende Arbeitsgruppe bei der Deutschen Islamkonferenz, erklärte etwa der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Memet Kilic. Die Linke-Politikerin Christine Buchholz mahnte zudem, die Regierung solle lieber die Ursachen für eine Radikalisierung von Jugendlichen beseitigen. Dazu zählten Perspektivlosigkeit, Armut, unzureichende Bildungsabschlüsse und Rassismus.

Friedrichs Warnung vor Konvertiten

Friedrich betonte kurz vor Beginn des Treffens im ARD-Fernesehen, es gehe bei dem "Präventionsgipfel" nicht darum, den Druck auf die Muslimen zu erhöhen, sondern stärker mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Vielmehr solle in der deutschen Gesellschaft eine Phalanx "gegen jede Art von Gewalttätigkeit, jede Art von Extremismus" geformt werden, sagte der Minister. Gleichzeitig lobte er die wachsende Bereitschaft der muslimischen Verbände, mit dem Staat zusammenzuarbeiten: "Die Bereitschaft ist da, keine Frage."

Der Bundesinnenminister warnte davor, dass der islamische Extremismus "immer deutscher, immer europäischer" werde. Das Terrornetzwerk Al-Kaida versuche zwar weltweit junge Moslems anzuwerben, aber "Zielgruppe sind insbesondere deutsche Konvertiten, aber auch junge Moslems, die hier in der zweiten, dritten Migrantengeneration aufgewachsen sind".

Genaue Zahl der Muslime in Deutschland unklar

In Deutschland bekennt sich nach Angaben des Bundesamtes für Migration jeder zwanzigste Einwohner zum Islam. Rund die Hälfte der 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime in der Bundesrepublik hat einen deutschen Pass.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Annamaria Sigrist