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Politik

Putin macht Zugeständnisse bei Rentenreform

29. August 2018

Nach massiven Protesten gegen die unpopuläre Rentenreform in Russland hat Präsident Wladimir Putin angekündigt, die Pläne seiner Regierung abmildern zu wollen. Grundsätzlich sei die Reform aber unbedingt notwendig.

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Ältere Menschen in Russland
In Russland steht eine steigende Zahl von Rentnern einer abnehmenden Zahl von Arbeitskräften gegenüberBild: AFP/Getty Images/M. Vatsyayana

Das Renteneintrittsalter für Frauen solle genau wie das für Männer nicht um acht, sondern lediglich um fünf Jahre steigen, sagte Putin in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Frauen sollen nach seinen Vorstellungen mit 60 Jahren in Rente gehen, Männer bis zu einem Alter von 65 Jahren arbeiten. Auch weitere Änderungen seien geplant. Wegen "schwerwiegender demografischer Probleme" in Russland sei eine Rentenreform grundsätzlich allerdings unumgänglich, so der Präsident.

Ministerpräsident Dmitri Medwedew hatte Mitte Juni - parallel zum Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft - ein Gesetz angekündigt, das unter anderem eine schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters vorsieht. Es wäre die erste Anhebung des Rentenalters in Russland seit 86 Jahren.

Rebellion gegen Rentenreformen in Russland

Renteneintrittsalter höher als Lebenserwartung

Kritikern zufolge würde das Renteneintrittsalter damit in einigen Regionen höher liegen als die durchschnittliche Lebenserwartung. In den vergangenen Wochen waren zehntausende Menschen gegen die Pläne auf die Straße gegangen. Laut Umfragen hat Putins Beliebtheit seit der Ankündigung stark gelitten. Die Zustimmung für ihn lag in den vergangenen Wochen unter 70 Prozent - erstmals seit dem Jahr 2014, bevor die ukrainische Halbinsel Krim von Russland einverleibt wurde. Vor seiner Wiederwahl im März hatte der 65-Jährige noch zugesagt, das Renteneintrittsalter nicht anzuheben. Auf Betreiben seiner Partei Geeintes Russland wird im Parlament nun aber über das Vorhaben debattiert. Die Duma hat der Reform im Juli bereits in erster Lesung zugestimmt. Bevor das Gesetz Putin zu Unterschrift vorgelegt werden kann, muss aber noch der Föderationsrat zustimmen.

Russlands Präsident Wladimir Putin wahrend seiner TV-Ansprache
Ernstes Thema, ernste Miene: Die Russen begeistern kann Präsident Putin mit der Rentenreform sicher nicht Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Druzhinin

Oppositionelle kritisierten unterdessen die Argumentation Putin scharf. "Ihr werdet, liebe Freunde, nur etwas weniger bestohlen", kommentierte der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Putin habe einlenken müssen, weil die Russen in ihrem Unmut auch bereit seien, auf die Straße zu gehen. Auch sein Kollege Ilja Jaschin kommentierte: "Putin nimmt zwölf Millionen Menschen die Rente weg und begründet das mit der Sorge um die Stabilität des Rentensystems."

TV-Ansprache ein ungewöhnlicher Schritt  

Rückendeckung bekam der Staatschef hingegen von Ex-Finanzminister Alexej Kudrin, der seit langem ein höheres Rentenalter fordert. Er nannte Putins Vorschläge ausgewogen und durchdacht. "Der Präsident hat die Argumente von Befürwortern und Gegnern der Rentenreform zusammengefasst, er hat Änderungen angebracht, um die ursprünglichen Pläne auszubalancieren", schrieb der jetzige Leiter des russischen Rechnungshofs.

Dass Putin bei dem hochbrisanten Thema sich in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache direkt an sein Volk wende, sei ein sehr ungewöhnlicher Schritt, schreibt das Wirtschaftsblatt "Kommersant". Bislang nutzte Putin diese Möglichkeit nur für Neujahrsansprachen, vor Wahlen oder nach dramatischen Ereignissen wie Terrorangriffen. "Die Lage muss ja dramatisch für ihn sein", hieß es in sozialen Netzwerken. 

sti/hk/uh (dpa, rtr, afp)