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Putin sieht Moralverfall im Westen

19. September 2013

Erst wetterte Kremlchef Putin gegen Homosexuelle in Russland - und schob per Gesetz einen Riegel vor. Jetzt holte er zum Rundumschlag aus. Seine Verbalattacken standen denen seines "Freundes Berlusconi" in nichts nach.

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Der russische Präsident Wladimir Putin (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der russische Präsident Wladimir Putin sah sich veranlasst, dem Westen einmal mehr gründlich die Meinung zu sagen. Ort des Geschehens: der internationale Diskussionsklub Waldai in der nordwestlichen Nowgorod-Region. Das alljährliche Forum mit internationalen Experten zur russischen Außen- und Innenpolitik sowie Journalisten wird von der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti organisiert.

"Berlusconi - mein Freund"

Und vor diesem Publikum sprach das Staatsoberhaupt Tacheles. So machte er deutlich, dass er "seinen Freund", den früheren italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi, wegen dessen angeblichen Sex-Partys zu Unrecht in der Kritik sieht. "Berlusconi wird dafür verurteilt, dass er mit Frauen zusammenlebt. Wenn er homosexuell wäre, hätten sie ihm kein Haar gekrümmt", meinte der Kremlchef mit Blick auf das Vorgehen der italienischen Justiz.

Im Juni war der 76-jährige Berlusconi im sogenannten Ruby-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten in erster Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Putin (r.) und sein Freund Berlusconi (Foto: dpa)
Putin (r.) und sein Freund Berlusconi haben einiges gemeinsamBild: picture-alliance/dpa

Putin wies ein weiteres Mal Kritik der Europäischen Union und von Menschenrechtsorganisationen angesichts des staatlichen Drucks gegen Lesben und Schwule in Russland zurück. Er sprach von übertriebener politischer Korrektheit. "Sie verfolgen eine Politik, die kinderreiche Familien und gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf eine Stufe stellt."

Zugleich plädierte der Kremlchef vehement für die Beachtung "traditioneller" Werte. Den westlichen Staaten hielt Putin vor, ihre christlichen Wurzeln zu vergessen und den Verfall von Sitten und Moral zuzulassen. Seine Worte gipfelten in der Behauptung: "Im Westen gibt es sogar Versuche, Pädophilen-Parteien zu genehmigen."

Kandidiert Putin auch 2018?

Putin ging dann noch auf seine Person ein. So schloss er - ungeachtet zunehmender Kritik an seinem autoritären Führungsstil - nicht aus, 2018 zum vierten Mal für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Diese Äußerung machte Putin im Gespräch mit dem französischen Ex-Regierungschef Francois Filon am Rande des Forums.

Im Juni hatte das russische Parlament ein landesweites Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" erlassen. Im entsprechenden Gesetzestext heißt es, wer gleichgeschlechtliche Liebe attraktiv erscheinen lasse sowie russischen Kindern und Jugendlichen vermittele, Liebe zwischen zwei Frauen oder zwei Männern sei "sozial genauso wertvoll" wie zwischen Mann und Frau, solle bestraft werden.

Der zuständige Ausschuss der Staatsduma in Moskau lehnte jetzt allerdings einen Gesetzentwurf ab, der Schwulen und Lesben das Erziehungsrecht absprechen sollte. "Das ist nicht umzusetzen", sagte die für ihr Vorgehen gegen Homosexuelle heftig kritisierte Abgeordnete Jelena Misulina.

se/wl (afpe, dpa)