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Quoten-Rebellen knicken ein

Heiner Kiesel16. April 2013

Vor Tagen sah es noch so aus, als ob genug Abweichler der Koalition die gesetzliche Frauenquote zum Erfolg führen könnten. Der Unionsführung gelang es, die Rebellen umzustimmen. Auch Ministerin von der Leyen lenkte ein.

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Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (Foto: dpa)
Ursula von der LeyenBild: picture-alliance/dpa

Nach intensiven und druckvollen Verhandlungen sieht es inzwischen so aus, als ob im Bundestag der Gesetzesvorschlag der Opposition für eine verbindliche Frauenquote scheitern wird. Zwei Tage vor der Abstimmung im Parlament habe sich die Unionsfraktion einstimmig dagegen ausgesprochen, hieß es von Teilnehmern. Die Probeabstimmung sei ohne Enthaltungen und Gegenstimmen erfolgt. Zuvor hätten Fraktionschef Volker Kauder und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Abgeordneten gemahnt, geschlossen abzustimmen und die Regierungskoalition nicht infrage zu stellen. Damit wird es noch eine ganze Weile dauern, bis deutsche Unternehmen gesetzlich dazu gezwungen werden, verstärkt Frauen in Führungspositionen unterzubringen.

Mitten im Wahlkampf für einen Antrag der SPD-Opposition?

Das ist die Absicht hinter der Gesetzesvorlage, die am Donnerstag auf dem Terminplan des Bundestages steht. Auf Initiative des SPD-regierten Bundeslandes Hamburg wurde sie vom Bundesrat eingebracht. Würde der Vorschlag angenommen, müssten bis 2023 - nach einer fünfjährigen Übergangsfrist - 40 Prozent aller Aufsichtsratsposten der Unternehmen mit Frauen besetzt werden. Das steht im deutlichen Gegensatz zur bisherigen offiziellen Linie der Regierung. Bei der CDU gibt es einen Parteitagsbeschluss gegen jede Art verbindlicher Quotierung. Auch der Koalitionsvertrag mit der FDP lässt eine Quote nicht zu.

Dennoch gibt es in der Union eine Reihe namhafter Befürworterinnen einer Quote. Und die haben in den vergangenen Tagen für erheblichen Wirbel gesorgt. Auf rund zwei Dutzend wurde noch am Wochenende die Zahl der möglichen Rebellen geschätzt. Das hätte den SPD-Antrag zum Erfolg führen können – und eine Menge Ärger im Regierungslager ausgelöst. Das musste auf jeden Fall verhindert werden. So haben sich Partei- und Fraktionsführung der Union schließlich bemüht, vom starren "Nein" der Parteilinie weg zu kommen und den Abweichlern eine Alternative zu bieten, damit sie doch gegen die Opposition stimmen. In einem Kompromiss wird nun den Befürwortern der Frauenquote versprochen, dass eine 30-Prozent-Quote ab dem Jahr 2020 ins Wahlprogramm kommen soll.

Rainer Brüderle und Angela Merkel (Foto: Reuters)
FDP-Fraktionschef Brüderle und Kanzlerin Merkel haben ihr Quotenproblem vertagtBild: Reuters

"Kein Kippen, eine Weiterentwicklung"

Auch Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (Artikelbild oben) hat diesem Beschluss zugestimmt. Offenbar recht widerstrebend. Für die Ministerin ist die Frauenquote ein wichtiges Thema, für das sie sich in den vergangenen Jahren nachdrücklich eingesetzt hat. Sie hat sich durch ihre positive Haltung zum Oppositionsvorschlag viel Kritik von Parteifreunden eingehandelt. Manche fühlen sich erpresst.

"Es ist ein wichtiger Schritt, dass wir eine feste Quote mit meiner Partei voranbringen", versuchte die Ministerin nach einer Sitzung der Fraktion dem Ganzen noch etwas Positives abzugewinnen. Auch andere namhafte Unionspolitikerinnen haben inzwischen ihre Unterstützung für den Kompromiss signalisiert.

Maria Böhmer, Vorsitzende der Frauen-Union, sprach von einem Ergebnis, das vielen entgegen komme. "Das ist kein Kippen unserer Position, sondern eine Weiterentwicklung." Der fränkische Abgeordnete Josef Göppel, der zuvor ganz entschieden für den SPD-Antrag stimmen wollte, ist ebenfalls eingeschwenkt. "Ich habe meine Frau angerufen und sie ist auch so, dass sie lieber den Spatz in der Hand hat als die Taube auf dem Dach", sagte Göppel und freute sich, dass inzwischen die gesamte Fraktion für eine Quote sei. "Das wäre ohne Druck nicht möglich gewesen."

Neues Quotengesetz unsicher

Wenn der Gesetzentwurf am Donnerstag nun wahrscheinlich scheitert, müssen die folgsamen Unionsfrauen damit leben, dass die Frauenquote erst in sieben Jahren verwirklicht wird. Wenn überhaupt, denn noch ist das Wahlprogramm nicht ausgehandelt, geschweige denn die Union wieder in die Regierung gewählt. Selbst dann würden die Wunschkoalitionspartner - die Liberalen - eher quer schießen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte mit Hinblick auf eine Frauenquote als Bestandteil eines künftigen Koalitionsvertrages ausweichend: "Je stärker wir nach der nächsten Wahl sind, desto stärker können wir unsere Positionen vertreten."

Brüderle zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Debatte in CSU und CDU. "Die Union hat ihre Probleme gelöst." Er selbst muss sich aber auch noch um Abweichlerinnen in seiner Fraktion kümmern. So erklärte Sibylle Laurischk im Deutschlandfunk, weiterhin für den Oppositionsentwurf stimmen zu wollen.

Renate Künast (Foto: dpa)
Auch die prominente Grüne Renate Künast hätte sich von den Unionsfrauen mehr Mut gewünschtBild: picture-alliance/dpa

Große Enttäuschung ist nun bei den Oppositionsparteien eingekehrt. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast nannte den Beschluss des CDU-Präsidiums einen "faulen Kompromiss" und forderte von den Unionsfrauen den Mut, dennoch am Donnerstag für die Quote zu stimmen. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann wandte sich via "Spiegel Online" an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie solle die Abstimmung frei geben, denn die Frauen in der Union sollten nicht zur Abstimmung gegen ihr eigenes Gewissen gezwungen werden. Dazu dürfte es jedoch kaum kommen.