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Rösler nimmt Arzneimittelpreise ins Visier

24. Januar 2010

Gesundheitsminister Rösler will angesichts der schwierigen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen die Ausgaben im Gesundheitswesen drücken. Zahlreichen Versicherten drohen unterdessen schon bald Zusatzbeiträge.

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Gesundheitsminister Philipp Rösler (Foto: dpa)
Gesundheitsminister Rösler will die Kosten im Gesundheitswesen senkenBild: picture-alliance / dpa

Handlungsbedarf sieht Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler unter anderem bei den Arzneimittelpreisen. Er sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am Wochenende, mit Blick auf die Finanznot müsse die Ausgabenseite "sehr genau" geprüft werden.

Verschiedene Tabletten und Kapseln in einer Pillendose (Foto: dpa)
Rösler will Kosten und Nutzen von Medikamten künftig stärker unter die Lupe nehmenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

"Es ist meine Aufgabe darauf zu achten, dass Beitragsgelder effizient verwaltet werden. Und in diesem Bereich ist das nicht immer so." Künftig müsse bei jedem Medikament genauestens überprüft werden, ob Kosten und Nutzen in angemessenem Verhältnis stünden, so Rösler.

Dafür wolle er die Stellung des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) stärken, sagte der Minister. Das Institut bewertet den Nutzen von Arzneimitteln und Therapien. Erst am Freitag hatten Vorstand und Stiftungsrat des Instituts allerdings beschlossen, den Vertrag des bisherigen Leiters Peter Sawicki wegen angeblicher Abrechnungsfehler nicht zu verlängern. SPD und Grüne warfen Rösler deshalb vor, "Erfüllungsgehilfe der Pharmalobby" zu sein. Sawicki gilt als Pharmakritiker.

Auf Versicherte kommen Zusatzbeiträge zu

Wegen der steigenden Kosten im Gesundheitswesen drohen vielen Versicherten Zusatzbeiträge. Fünf Krankenkassen wollen sich laut dem Magazin "Focus" am Montag (25.01.2010) in Berlin zu einem möglichen Einstieg in Zusatzbeiträge äußern, darunter die DAK und einige Betriebskrankenkassen. Sie planen dem Bericht zufolge, ihren Versicherten zunächst acht Euro zusätzlich pro Monat abzuverlangen. 28 weitere Kassen schließen demnach Zusatzbeiträge in diesem Jahr nicht mehr aus. Das Magazin befragte alle 161 gesetzlichen Versicherer sowie Aufsichtsbehörden in Bund und Ländern.

Verschiedene Krankenkassen-Chipkarten (Foto: AP)
Zahlreiche Versicherte müssen mit Zusatzbeiträgen rechnenBild: AP

Die Chefin der Länder-Gesundheitsminister, Mechthild Ross-Luttmann (CDU), kritisierte die Pläne der Kassen. "Gerade in wirtschaftlich mühevollen Zeiten darf man die Menschen nicht mit immer neuen Beitragslasten überstrapazieren", sagte sie der "Bild am Sonntag". Zudem könnten die Verwaltungskosten für die Erhebung der Zusatzbeiträge höher liegen als die Summe der Mehreinnahmen.

Eine Kasse kann einen Zusatzbeitrag von den Versicherten erheben, wenn sie mit der Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommt. Nach offizieller Schätzung werden den Kassen in diesem Jahr rund 7,5 Milliarden Euro fehlen. Der Bund will etwa 3,9 Milliarden davon über einen Zuschuss decken.

Ministerium: Kein "Gesundheits-Soli"

Die Finanzprobleme im Gesundheitswesen bedrohen auch das Prestigeobjekt der Liberalen. Die FDP will die Krankenversicherung von den Arbeitskosten entkoppeln und eine einkommensunabhängige Beitragsauschale für Arbeitnehmer einführen. Für Geringverdiener soll es einen sozialen Ausgleich aus dem Steuersystem geben. Experten schätzen die Kosten für eine Systemumstellung auf 20 bis 35 Milliarden Euro. Woher das Geld kommen soll, ist offen.

Ein Stapel mit Euro-Münzen (Foto: dpa)
Dem Gesundheitsminister fehlt das Geld für die Reformierung der KrankenkassenBild: picture alliance / dpa

Das Gesundheitsministerium wies einen Bericht des "Spiegels" zurück, wonach die Regierung einen neuen Steuer-Solidarbeitrag zur Finanzierung der von der FDP angestrebten einheitlichen Gesundheitsprämie erwägt. FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms bezeichnete solche Überlegungen in der "Leipziger Volkszeitung" als "dummes Zeug". Die Gerüchte dienten lediglich dazu, die Bürger zu verunsichern.

Das Magazin hatte berichtet, das Bundesfinanzministerium halte das FDP-Model einer Kopfpauschale nur dann für umsetzbar, wenn die fälligen staatlichen Zahlungen für den Sozialausgleich über Steuereinnahmen finanziert würden - als eine Art "Gesundheits-Soli".

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, für sein Haus sei klar, "dass höhere Steuerzuschüsse als bisher geplant wegen der Schuldenbremse nicht infrage kommen". Auch eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung scheide aus.

Streit über Gesundheitsprämie

Innerhalb der Regierungskoalition gibt es offenbar Differenzen über den Kurs in der Gesundheitspolitik: Die CSU wehrt sich dagegen, dass der Arbeitgeberanteil dauerhaft eingefroren werden soll.

"Es wird mit der CSU keinen Mechanismus geben, der Ausgabensteigerungen automatisch nur auf die Versicherten abwälzt", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Johannes Singhammer (CSU) in der "Berliner Zeitung". Zudem sei es unrealistisch, mehr Steuergelder in das System zu pumpen. Der Spielraum für den Start der Prämie habe sich in den letzten Wochen verkleinert.

Autorin: Ursula Kissel (ap, rtr, afp, dpa)
Redaktion: Hajo Felten