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Rafati belastet Schiedsrichter-Chef Fandel

Calle Kops (sid/dpa)19. März 2013

Vor eineinhalb Jahren überlebte Babak Rafati einen Suizidversuch. Jetzt erhebt der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter schwere Vorwürfe gegen seinen Ex-Chef Herbert Fandel. Dieser Tage erscheint auch Rafatis Buch.

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Schiedsrichter Babak Rafati gestikuliert auf dem Platz (Foto: dpa)
Babak RafatiBild: picture-alliance/dpa

Am 19. November 2011 stand ganz Fußball-Deutschland unter Schock: Der bekannte Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati hatte vor dem Spiel zwischen dem 1. FC Köln und dem FSV Mainz 05 in einem Kölner Hotel versucht, sich das Leben zu nehmen. Die Partie wurde abgesagt, der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger eilte in Rafatis Hotel und gab dort eine Pressekonferenz. Der Selbstmordversuch verursachte viel Aufsehen im Profifußball. Damals ließ Rafati über seinen Anwalt mitteilen, Depressionen wegen des "wachsenden Leistungsdrucks für ihn als Schiedsrichter" seien der Grund seines Handelns gewesen. Im Mai 2012 erklärte der Bankkaufmann aus Hannover seine Karriere als Unparteiischer für beendet.

Rafatis Attacken

Jetzt - 16 Monate nach seinem Selbstmordversuch - erhob der 42-Jährige brisante Vorwürfe gegen den deutschen Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel. Von seinem früheren Vorgesetzten habe er "absolut keine Rückendeckung" bekommen, sagte Rafati. In einem Interview des Magazins "Stern" sprach er von "Herabwürdigungen" und "persönlichen Verletzungen". Er habe nicht ein einziges Mal Zuspruch erfahren, sondern nur "Kälte und Unerbittlichkeit" seitens Fandel: "Diese fehlende Wertschätzung für mich als Mensch, dieser Vertrauensentzug vom Chef, der auch eine Fürsorgepflicht hat. Das war entleerend", erklärte Rafati weiter.

Mit seinen Äußerungen macht der Ex-Referee den Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mitschuldig an der Tragödie. Fandel habe "genau gewusst", wie verletzt er gewesen sei, sagte Rafati, ohne sich darüber zu äußern, ob er jemals über seine Depressionen gesprochen hat. "Andere wussten das auch. Die Herabwürdigungen durch Fandel waren Tagesgespräch unter den Schiedsrichtern."

Herbert Fandel (Foto: dpa)
Herbert Fandel, Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission, ist entsetzt über Babak Rafatis AttackenBild: picture-alliance/dpa

Fandels Unverständnis

Der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichterkommission reagierte betroffen und mit großem Unverständnis. "Die Sichtweise und die Vorwürfe von Babak Rafati kann ich in keinster Weise nachvollziehen und sie schockieren mich. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich Kenntnis über sein seelisches Krankheitsbild", stellte Fandel klar und betonte, dass keiner der Schiedsrichter ihm jemals darüber Andeutungen gemacht habe. Er habe Rafati wie jeden anderen Unparteiischen behandelt - nach dem Leistungsprinzip. "Seine Leistungen erfüllten über einen langen Zeitraum nicht die Anforderungen. Aus diesem Grund war er heftiger öffentlicher Kritik ausgesetzt", erklärte Fandel.

Man habe in der Schiedsrichter-Führung sehr häufig über Rafatis Leistungen gesprochen und er habe sich persönlich sehr um ihn bemüht, sagte Fandel. "Mit keinem anderen Unparteiischen habe ich so oft gesprochen." Das bestätigten auch die Schiedsrichter-Funktionäre Hellmut Krug und Lutz Michael Fröhlich und sprangen Fandel umgehend zur Seite. "Ich kann die Vorwürfe überhaupt nicht verstehen, denn er hat intern immer die Hand über Rafati gehalten", sagte Krug. Fröhlich ergänzte, die Attacken seien für ihn "nicht nachvollziehbar" - besonders, weil gerade Fandel dem ehemaligen FIFA-Referee "immer wieder den Rücken gestärkt" habe, trotz der teilweise massiven öffentlichen Kritik an dessen Schiedsrichterleistungen.

Rafatis Buch

Babak Rafati richtete seine Kritik des Weiteren auch gegen die damalige Führungsriege des DFB. Nach seinem Suizidversuch habe niemand versucht, zu ihm persönlich Kontakt aufzunehmen, auch DFB-Präsident Zwanziger nicht, bemängelte Rafati. "Das hat mich im Nachhinein extrem aufgewühlt. Das hat mir gezeigt: es hat sich eben doch nichts bewegt." Ende März erscheint im Kösel-Verlag Rafatis Buch mit dem Titel: "Ich pfeife auf den Tod! Wie mich der Fußball fast das Leben gekostet hat."