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Raucherparadies

Karolina Burbach/Christine Elsaeßer11. Dezember 2006

Viele europäische Länder haben Gesetze für umfassende Rauchverbote erlassen. In Deutschland tut sich trotz eines neuen Anlaufs der großen Koalition wenig.

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Am Tabakkonsum sterben in Deutschland jährlich 110 000 bis 143 000 Menschen.Bild: AP

Trotz höherer Tabaksteuer und einzelner Verbote bleibt Deutschland im europäischen Vergleich ein Raucherparadies, in dem jeden Tag 386 Millionen Zigaretten angesteckt werden. In öffentlichen Gebäuden wird munter weitergequalmt und es gibt kaum ein Café, in dem Nichtraucher entspannt durchatmen können, ohne ungewollt giftige Dämpfe zu inhalieren. Damit ist Deutschland eines der Schlußlichter in der Raucherbekämpfung, während Nichtraucher in Irland, Italien, Malta, Norwegen, Schweden, Belgien, Mazedonien, Tschechien, Spanien und Frankreich durch Gesetze schon ausreichend geschützt sind.

An gutem Willen fehlt es nicht. Bereits im Februar 1998 hatte eine Anti-Raucher-Initiative versucht, den blauen Dunst aus Krankenhäusern, Schulen, Kneipen, Restaurants, Discotheken und Kino-Foyers zu verbannen. Doch trotz breiter Unterstützung aus verschiedenen Parteien, ist das Vorhaben knapp an Kabinettsmitgliedern der Regierung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl gescheitert.

Neuer Anlauf für bundeseinheitliches Rauchverbot gescheitert

Eine Frau raucht in einem Hamburger Restaurant (Foto: AP)
In Gaststätten darf weiter geraucht werdenBild: AP

Im November 2007 nahm die große Koalition einen neuen Anlauf, das Rauchen bundesweit in Gaststätten und Schulen zu verbieten. Doch schon bald stoß die Bundesregierung auf rechtliche Bedenken. Ein Regierungssprecher sagte, dass ein umfassender und verfassungskonformer Nichtraucherschutz nicht ohne die Mitwirkung der Länder erreicht werden könne. Einem Zeitungsbericht zufolge wird das Bundeskabinett daher am kommenden Mittwoch (13.12.06) nur ein Eckpunktepapier verabschieden, das ein Verbot des Tabak-Konsums in bundeseigenen Behörden und Ministerien vorsieht. Darüber hinaus sollen die Länder aufgefordert werden, den Nichtraucherschutz in Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten und in Restaurants durchzusetzen.

Deutschland setzt EU-Tabakwerberichtlinie um

Angesichts tausender Opfer des Passivrauchens fordert die deutsche Ärzteschaft die Bundesregierung schon seit langem auf, "mit der Tabaklobby zu brechen" und endlich mit dem Gesundheitsschutz Ernst zu machen. "Jährlich über 3.300 Todesfälle sowie vielfacher 'plötzlicher Kindstod' in Folge von Passivrauchen allein in Deutschland sind das erschreckende Ergebnis tatenloser Politik.", hieß es in einer im Januar in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der Bundesärztekammer. Gelegentliche Aufklärungskampagnen allein reichten nicht.

Zum Anfang des Jahres 2007 will die Bundesregierung jedoch nach jahrelangem Streit die Tabakwerberichtlinie der Europäischen Union umsetzen. Sie verbietet Tabakwerbung in Zeitungen und Zeitschriften, im Internet und bei grenzüberschreitenden Fernsehübertragungen. Die Richtlinie trat schon zum 31. Juli 2005 in Kraft. Die Bundesregierung hatte sich jedoch bis jetzt geweigert, das Tabakwerbeverbot in Deutschland umzusetzen, da sie die Zuständigkeit der EU in diesem Bereich anzweifelt. Eine Umsetzung soll die drohenden Strafzahlungen an die EU abwehren.