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Rechtswidrige Razzien

4. Januar 2008

Die Großrazzien bei Globalisierungsgegnern vor dem G-8-Gipfel im Mai 2007 waren rechtswidrig. Das urteilt der Bundesgerichtshof – ein Rückschlag für die Bundesanwaltschaft, die die Aktionen angeordnet hatte.

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Polizisten stehen nachts vor einem Gebäude (Quelle: AP)
Das linke Kulturzentrum Rote Flora in Hamburg war eines der durchsuchten ObjekteBild: AP

Die von der Bundesanwaltschaft geleiteten Durchsuchungsaktionen gegen Globalisierungsgegner vor dem G-8-Gipfel im Mai 2007 waren rechtswidrig. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag (4.1.2008) in Karlsruhe fest. Die militanten G-8-Gegner hätten sich nicht zu einer terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen. Deshalb sei nicht der Generalbundesanwalt zuständig gewesen, sondern die Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer, erklärte der 3. Strafsenat. Auch fehle es an der für die Bundeszuständigkeit erforderlichen besonderen Bedeutung des Falles.

"Nachhaltige Zweifel"

Gebäudeportal, davor mehrere Leute in dunklen Anzügen (Quelle: AP)
Die Staatschefs der acht größten Industrienationen trafen sich im Mai 2007 in Heiligendamm an der Ostsee (Archivbilder)Bild: AP

Bei der Razzia im Mai durchsuchte die Polizei auf Anordnung der Bundesanwaltschaft 40 Objekte in sechs Bundesländern. Dabei beschlagnahmte sie in zahlreichen Wohnungen und linken Kulturzentren unter anderem Computer und Unterlagen. Ermittelt wurde gegen G-8-Gegner, die als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung für zahlreiche Brandanschläge in Norddeutschland verantwortlich sein sollten.

Der BGH erklärte jetzt dazu: "Eine von den Beschuldigten etwa gebildete Vereinigung kann […] nicht als terroristische Vereinigung eingeordnet werden, was die Zuständigkeit des Bundes ohne weiteres begründet hätte." Zugleich äußerte der 3. Strafsenat "nachhaltige Zweifel" daran, ob sich "die beschuldigten Globalisierungsgegner tatsächlich zu einer Vereinigung im strafrechtlichen Sinne zusammengeschlossen haben".

BGH hebt Durchsuchungsbeschluss auf

Bei den Aktionen handele es sich "um nicht zu verharmlosende Straftaten". Aber zuständig dafür seien die Strafverfolgungsbehörden der Bundesländer. Nach BGH-Angaben haben die Betroffenen "eine Vielzahl" von Beschwerden gegen die Polizeimaßnahmen eingelegt. Der 3. Strafsenat entschied nun über die erste derartige Beschwerde eines Beschuldigten und hob den ihn betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss auf.

Als Clowns verkleidete Menschen neben einer Gruppe von Polizisten in Schutzuniform (Quelle: AP)
Die G8-Gegner griffen auch zu ungewöhnlichen Methoden - und verkleideten sich als ClownsBild: AP

Die Bundesanwaltschaft hatte dem Beschwerdeführer und weiteren Beschuldigten vorgeworfen, sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt zu haben, deren Ziel es gewesen sei, durch Brandanschläge auf Sachen wie Autos sowie ein leerstehendes Gebäude und durch Sachbeschädigungen gewaltbereite Gesinnungsgenossen zu mobilisieren, um den G-8-Gipfel vom Juni 2007 in Heiligendamm durch Gewalttaten erheblich zu stören oder zu verhindern. Der Generalbundesanwalt rechnet der Vereinigung zwölf gewalttätige Aktionen mit einem Gesamtschaden von rund 2,6 Millionen Euro zu, die im Zeitraum Juli 2005 bis März 2007 ausgeführt wurden. (rri)