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RB Leipzig - Probleme an allen Ecken und Enden

7. Februar 2020

Vor dem Bundesliga-Spitzenspiel beim FC Bayern muss RB Leipzig viele ungelöste Probleme bewältigen. Verletzte und formschwache Spieler sowie skurrile Friseur-Besuche machen Trainer Julian Nagelsmann das Leben schwer.

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Bundesliga - RB Leipzig v Union Berlin | Julian Nagelsmann
Bild: Imago-Images/Picture Point LE/R. Petzsche

Es hat sich eine gewisse Ratlosigkeit bei RB Leipzig breit gemacht. Aus dem kaum zu bändigen und überraschend konstanten Herbstmeister ist innerhalb kürzester Zeit eine Mannschaft geworden, die nicht nur mit dem Gegner, sondern auch mit sich selbst intensive Kämpfe austrägt. "Es ist kein Formtief. Wir haben in den letzten drei Wochen keine guten Ergebnisse erzielt und daran müssen wir arbeiten", sagte Julian Nagelsmann nach dem 1:3 im Pokal-Achtelfinale bei Eintracht Frankfurt.

Das eine waren seine Worte, das andere sein Gesichtsausdruck, der alles andere als versöhnlich schien. Der 32 Jahre alte Trainer wirkte bei seinen ungewohnt kurzen Statements wie versteinert. Kein Lächeln, keine Freude an der Rhetorik, die ihn in der Vergangenheit stets so unterhaltsam machte. Dass Nagelsmann nicht sonderlich gern verliert, ist kein Geheimnis. Die derzeitige Situation scheint den jungen Coach allerdings nachhaltig zu treffen. Aus einem Vier-Punkte-Vorsprung auf den FC Bayern nach der Bundesliga-Hinrunde ist nach nur drei Partien ein Ein-Punkte-Rückstand in der Liga geworden.

 Verhallter Weckruf Nagelsmanns

Ein Sieg, eine Niederlage, zwei äußerst hart erkämpfte Remis sowie das Pokal-Aus haben für Misstimmungen beim Trainer und im gesamten Klub gesorgt. Nicht zuletzt die "Gipfelkreuz"-Rede des Trainers nach der Bundesliga-Pleite in Frankfurt (0:2) Ende Januar, als er seine Mannschaft dafür kritisierte, nicht in jedem Training die volle Leistungsbereitschaft zu zeigen, sollte als ein Weckruf gelten. Nagelsmann stellte in seiner Rede öffentlich eine deutliche Frage an sein Team: "Erreichen wir das Gipfelkreuz, oder bleiben wir kurz davor stehen?" Genützt hatte dieser öffentlich vorgetragene Warnhinweis Nagelsmanns indes nichts.

Timo Werner hat die Form der Hinrunde verloren
Angreifer und Top-Torjäger Timo Werner hat die Form der Hinrunde verloren Bild: Imago Images/Eibner Pressefoto/Weiss

Und auch die Friseur-Affäre - einige Spieler hatten vor der Partie gegen Borussia Mönchengladbach eigens aus London einen Star-Coiffeur einfliegen lassen - wirft derzeit kein gutes Licht auf das Leipziger Team. Ex-Trainer und -Sportdirektor Ralf Rangnick hatte sich über die Episode "fassungslos" gezeigt und das Verhalten als "dekadent" bezeichnet. "Wenn du das machst, ist es bis zum Goldsteak nicht mehr weit", ließ er wissen und hatte ein paar Einzelgespräche mit seinen Ex-Spielern geführt. Offenbar ohne Wissen von Nagelsmann.    

Hinzu kommen weitere Probleme, die sich durch sämtliche Mannschaftsteile ziehen: Der kurzfristige Verkauf von Diego Demme in der Winterpause zum SSC Neapel scheint schwerwiegendere Folgen zu haben, als sich das alle Beteiligten gedacht haben. Das defensive Mittelfeld ist nicht mehr so solide wie noch in der Hinrunde. Auch der längerfristige Ausfall von Kevin Kampl (Sprunggelenk) macht sich negativ in Sachen Zweikampfführung bemerkbar. Der 20-jährige Tyler Adams und der zwei Jahre ältere Amadou Haidara stellen zudem bislang keinen gleichwertigen Ersatz dar. 

Probleme in allen Mannschaftsteilen

Mit dem instabilen defensiven Mittelfeld leidet auch die Abwehr. Während die Leipziger in der gesamten Bundesliga-Hinrunde im Durchschnitt lediglich 1,18 Gegentore kassierten, sind es in den Rückrundenpartien bereits durchschnittlich 1,67 Gegentreffer. Durch die Ausfälle von Willi Orban (Knie-OP) und Ibrahima Konaté (Riss im Hüftbeuger) ist Dayot Upamecano, der zuletzt ebenfalls ungewohnt fehleranfällig agierte, der letzte verbliebene RB-Innenverteidiger. 

Und auch die Offensive ist nicht mehr so effektiv wie noch in der Hinrunde. Trafen die Sachsen in den ersten 17 Partien noch durchschnittlich 2,82 Mal pro Partie in die gegnerischen Maschen, sind es in den ersten drei Begegnungen der Rückrunde im Schnitt nur noch 1,67 Tore pro Partie. Nationalstürmer Timo Werner, der in der Hinrunde bereits 25 Tore erzielt hatte, ist seit Dezember ohne weiteren Treffer. Auch Marcel Sabitzer, mit 12 Toren zweitbester Schütze der Leipziger, sucht nach seiner Form der Hinrunde.

Spieler aus der zweiten Reihe haben sich bisher noch nicht angeboten. Auch die Weckrufe des Trainers wirken bei den Spielern von RB (noch) nicht. Die Leipziger sind derzeit weit von ihrem Leistungszenit entfernt. Am kommenden Sonntag müssen die Sachsen nun bei Tabellenführer Bayern München antreten. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für die Sachsen. Womöglich flüchtet sich Nagelsmann deshalb, unter dem Eindruck der Pokalpleite gegen Frankfurt, auch in Galgenhumor vor dieser brisanten Begegnung: "Auf jeden Fall fahren wir nicht nach München und singen: Wir fahren nach Berlin. So viel kann ich ihnen schon mal verraten."