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Rechte Parteien feiern sich in Wien

17. Juni 2016

Europas Rechtsparteien sind im Aufwind. Nun feiern sich die EU-Gegner und vermeintlichen Patrioten bei einem Volksfest in Wien selbst. Das Ganze läuft unter "Patriotischem Frühling" - allerdings im Sommer.

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Österreich Treffen Patriotischer Frühling in Wien Foto: Getty Images/AFP/H. Neubauer
Bild: Getty Images/AFP/H. Neubauer

Handkuss für die französische Präsidentschaftsanwärterin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National (FN): Norbert Hofer, nur knapp gescheiterter FPÖ-Kandidat bei der Präsidentenwahl in Österreich, gab sich beim rechten Volksfest, dem so genannten "Patriotischen Frühling", gegenüber der FN-Vorsitzenden ganz galant. Das Treffen der beiden bekanntesten Politiker der Rechtspopulisten in Europa war einer der Programmpunkte. Le Pen wird dadurch in Österreich salonfähig.

Radikale Besucher

Die FPÖ hatte Vertreter von Rechtsaußen-Parteien aus neun europäischen Ländern eingeladen. Mit dabei waren neben AfD-Europaparlamentarier Markus Pretzell und Gerolf Annemans vom rechtsextremen "Vlaams Belang" aus Belgien auch Tomio Okamura, Chef der Partei Freiheit und Direkte Demokratie im tschechischen Parlament. Okamura, der japanische Wurzeln hat, hat die Tschechen aufgefordert, zur Demütigung von Muslimen Schweine vor die Moscheen zu treiben und Schlachtabfälle an Bauplätzen künftiger Moscheen zu vergraben.

Besitzer der Firma Toy Traveling Tomio Okamura
Einer der extremsten Rechten in Europa: Tomio Okamura aus TschechienBild: Tomio Okamura

Das Ziel aller rechten Gruppierungen: Die aktuelle Erfolgswelle auskosten, Geschlossenheit zeigen, vom Regieren und Präsidieren träumen - und die EU in ihrer jetzigen Form geißeln. Dabei wollen FN, FPÖ und AfD weg vom Ruf, die Zerstörer der EU zu sein. So wurde auch der ermordeten britischen Abgeordneten Jo Cox von der sozialdemokratischen Labour-Partei mit einer Trauerminute gedacht. "Wir sind nicht europafeindlich, im Gegenteil. Wir lieben Europa", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zuvor auf einer Pressekonferenz. Aus dieser Zuneigung heraus sei es geboten, die EU reformieren zu wollen. "Das, was an Politik gelebt wird, grenzt an Suizid. Man soll bei einem Selbstmord nicht zusehen, dann macht man sich mitschuldig", sagte Strache mit Blick auf die von rechten Gruppen viel zitierte Arroganz in Brüssel.

Österreich Treffen Patriotischer Frühling in Wien Foto: Getty Images/AFP/V. Simicek
Rechte unter sich: Janice Atkinson, Lorenzo Fontana, Tomio Okamura, Marcus Pretzell, Hans Christian Strache, Harald Vilimsky, Marine Le Pen und Gerolf AnnemansBild: Getty Images/AFP/V. Simicek

Mal wieder die direkte Demokratie

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit", meinte der FPÖ-Chef süffisant. Ausgerechnet sie als Patrioten würden nun für ein neues Modell Europas kämpfen, ergänzte Marcus Pretzell. "Wir sind gekommen, um unsere Länder zu verändern. Wir sind gekommen, um Europa zu verändern." Das Brexit-Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU am kommenden Donnerstag bot einen willkommenen Anlass, über das aktuelle Lieblingsthema der Rechtspopulisten zu referieren: die direkte Demokratie. Und das ausgerechnet von Politikern, die keine großen Anhänger der Demokratie sind.

"EU ist Desaster"

So wie die Briten sollten alle Völker in Europa die Möglichkeit haben, über ihre Beziehung zur EU zu bestimmen, meinte Le Pen. Sie erinnerte an das letztlich wirkungslose "Nein" der Franzosen zur EU-Verfassung in einer Volksabstimmung 2005. Die Anti-EU-Stimmung in Frankreich sei ausgeprägter als in Großbritannien. Als Euroland und Schengen-Mitglied hätten die Franzosen "fünf Mal so viel Grund wie Großbritannien, die EU zu verlassen", meinte Le Pen. "Das Projekt der Europäischen Union hat sich als komplettes Desaster herausgestellt", sagte sie wesentlich unverblümter als Strache. Das könne nur mit mehr nationaler Selbstbestimmung ausgebügelt werden, waren sich alle einig.

Der eingängige Slogan lautet: Wir wollen ein "Europa à la carte" - so wie es Großbritannien und Dänemark bereits jetzt hätten. Was auf der Menükarte stehen sollte und welchen Preis man dafür zu zahlen bereit sei, dazu fiel kein Wort.

cgn/mak (afpe, dpa, Der Standard)