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Deutsche Regierung will Finanzaufsicht reformieren

19. Februar 2010

Banken an die Kandare nehmen und stärker kontrollieren - zu Pittsburgh-Zeiten war der Wille dazu groß. Geschehen ist seither wenig. Doch nun hat die Bundesregierung konkrete Pläne zur Finanzaufsichtsreform.

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Blick auf die Skyline des Bankenviertels in Frankfurt am Main (Foto: dpa)
Banken in Frankfurt - Müssen sie bald härtere Kontrollen fürchten?Bild: picture-alliance/ ZB

Die Geschäfte laufen wieder und das gar nicht so schlecht. Nach einem Milliardenverlust im Jahr 2008 hat die Deutsche Bank für 2009 einen Gewinn von fünf Milliarden Euro bekannt gegeben. Die Bürger, aber auch die Politiker reiben sich die Augen: Drohte nicht vor kurzem noch ein Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems?

Logo der Deutschen Bank (Foto: Bilderbox)
Satte Boni und hohe Gewinne - als hätte es keine Krise gegebenBild: bilderbox

So wetterte Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, kürzlich in einer Bundestagsdebatte in Richtung Regierungsbank: Die Banken gingen mit dem Geld der Anleger immer fahrlässiger um, sie machten wieder Geschäfte mit Steueroasen und spekulierten sich durch die ganze Welt - ganz als ob es die Finanzkrise nie gegeben hätte. Schuld, so Gysi, sei die Bundesregierung, "weil Sie nicht die Kraft haben, eine einzige wirksame Regulierungsmaßnahme zu beschließen."

Seit Pittsburgh nur wenig Handfestes

Ein Vorwurf, der einer gewissen Wahrheit nicht entbehrt. Zwar hat auch die Bundesregierung auf dem Weltfinanzgipfel in Pittsburgh Ende September zugestimmt, die Gehälter von Bankmanagern zu beschränken, die Eigenkapital- und Liquiditätsregeln zu verschärfen und die Bilanzierungsregeln anzugleichen. Bis auf einen Gesetzentwurf zur Beschränkung von Bonuszahlungen für Banker wurde seitdem aber wenig Konkretes vorgelegt.

Ein Rettungsring hängt in Berlin am Ufer der Spree. Im Hintergrund der Deutsche Bundestag (Foto: AP)
Die deutsche Bundesregierung will auch in Zukunft Banken retten, aber nicht umsonstBild: AP

Das soll sich jetzt ändern. In Kürze will die Bundesregierung ein Gesamtkonzept zur Regulierung der Finanzaufsicht vorlegen, das, so CSU-Politiker Hans Michelbach, drei zentrale Elemente enthalten soll: ein verbesserte Aufsicht, eine verbesserte Regulierung und eine Kostenbeteiligung der Banken. "Es geht nicht, dass Gewinne im Finanzsektor privatisiert, Verluste sozialisiert und Risiken und Haftung immer weiter entkoppelt werden", sagt Michelbach.

Damit Banken flüssig bleiben…

Alle systemrelevanten Banken sollen regelmäßig in einen Risikofonds einzahlen, der im Fall einer Insolvenz einspringen kann. Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg, kann sich vorstellen, dass der Bankenrettungsfonds SoFFin zu diesem Zweck erweitert wird: Zahlungsströme müssten aufrechterhalten werden, vor allem im Interbanken-Verkehr. Der neue Risikofonds könne diese Aufgabe in Zukunft übernehmen.

Die Einrichtung des Fonds soll Hand in Hand gehen mit einem geänderten Insolvenzrecht für Banken, an dem Justiz- und Finanzministerium derzeit verstärkt arbeiten. Trotzdem, so räumt Dautzenberg ein, werde wohl nie zu verhindern sein, dass der Steuerzahler im Krisenfall einspringen muss. Denn kein Fonds könne so groß sein, dass er im Ernstfall alle Verbindlichkeiten ausgleichen könne.

Das Logo des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) (Foto: AP)
Gefahr erkannt - aber aufgrund des Gesetzeslage nicht gebanntBild: AP

Damit es aber so weit erst gar nicht mehr kommt, sollen die Banken nicht nur verpflichtet werden, ihr Kapital deutlich aufzustocken, sondern sie sollen auch stärker kontrolliert werden. Im Extremfall, so Dautzenberg, sollte das Kontrollorgan "auch in Prozesse von Banken eingreifen können, wenn sie nachweislich in den Ruin führen, oder in den Ruin führen können".

Kein zweites Hypo Real Estate

Das war bis jetzt nicht der Fall, wie sich am Beispiel des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate gezeigt hat. Dort gab es lange vor der Pleite Warnungen, doch die Bankenaufsicht hatte keine Möglichkeit, die Geschäfte zu stoppen.

Ein Problem liegt darin, dass die Finanzaufsicht in Deutschland stark zersplittert ist. Banken und Versicherungen unterliegen grundsätzlich der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), doch auch die Bundesbank hat gewisse Aufsichtspflichten. Sind Versicherungen nicht bundesweit tätig, dann werden sie von Landesbehörden kontrolliert. Vermittler von Versicherungen, Investmentfonds, Bausparprodukten oder Kreditverträgen fallen hingegen unter die Gewerbeaufsicht.

Gebäude der Deutschen Bundesbank (Foto: AP)
Deutsche Bundesbank - soll die Finanzaufsicht übernehmenBild: AP

In Zukunft soll die Finanzaufsicht zentral bei der Bundesbank angesiedelt werden, die europäisch verbunden werden müsse, so Dautzenberg. Doch die internationale Abstimmung kostet Zeit und außerdem verfolgen viele Staaten eigene Interessen.

Um den Prozess zu beschleunigen und nationale Alleingänge zu verhindern, hat die Bundesregierung für Ende Mai Finanzminister und Notenbanker der G20 nach Berlin eingeladen. Im Vorfeld des G20-Gipfels in Toronto sollen in Berlin Gemeinsamkeiten konkret abgesteckt werden.

Autor: Sabine Kinkartz
Redaktion: Insa Wrede