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Reformen statt Fundamentalismus

Abdelhai Alami12. Oktober 2002

Der marokkanische König Mohammed VI. hat den bisherigen Innenminister Driss Jettou zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Die Islamisten kritisierten dies. Der König indes setzt auf einen Reformer als Premierminister.

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Nach den ersten freien Wahlen in Marokko gibt es viel zu tunBild: AP

Jettou folgt dem bisherigen sozialistischen Premierminister Abderrahmane Youssoufi, der seit 1998 Regierungschef war. Die islamistische PJD hat gegenüber den letzten Wahlen stark zugelegt und ist jetzt drittstärkste Kraft im Parlament. Der neue Premier hat darum vom König die Vorgabe erhalten, alle maßgeblichen Kräfte des Landes in die bevorstehenden Reformaufgaben einzubinden.

Laut der marokkanischen Verfassung ernennt der König den Ministerpräsidenten, der sich um eine Mehrheit für seine Regierung im Parlament zu bemühen hat. König Mohammed VI. hat davon Gebrauch gemacht und Driss Jettou, den Innenminister in der bisherigen Koalitionsregierung des scheidenden Sozialisten Abderrahman Youssoufi, für dieses Amt ernannt. Damit setzte er den Spekulationen und den Erwartungen einiger Parteien, die wegen ihrer Erfolge bei den Parlamentswahlen Anspruch auf dieses Amt gemeldet haben, ein Ende.

Ein parteiloser Hoffnungsträger

Denn Jettou, der sich bei der Organisation der offenbar fairsten Parlamentswahlen in der marokkanischen Geschichte hervorgetan hat, ist parteilos. Der 57jährige, Absolvent des Physik- und Chemie-Studiums in Casablanca, hat in London eine betriebswirtschaftliche Ausbildung genossen. In den 90er Jahren hatte er in drei Regierungen Ämter als Minister für Handel, Industrie, Kunsthandwerk und Außenwirtschaft und später auch als Finanzminister bekleidet. Dem erfolgreichen Geschäftsmann in der Lederindustrie wurde auch für kurze Zeit die Leitung des Phosphat-Bergbaus, des größten devisenbringenden Unternehmens Marokkos, anvertraut. Seit 2001 ist er Innenminister.

Driss Jettou hat sich aber insbesondere als guter Organisator der jüngsten Parlamentswahlen profiliert. Trotz des über lange Jahre gewachsenen Misstrauens der Parteien gegenüber der staatlichen Verwaltung ist es ihm gelungen, einen Konsens mit den Parteien über die Wahlmodalitäten und den Ablauf des Wahlkampfes zu erzielen. Er setzte die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen und internationalen Beobachtern bei der Überwachung der Wahlen durch, verhängte strenge Disziplinarmaßnahmen gegen hohe Beamte, die die Wahlen zu manipulieren versuchten, führte erstmals in Marokko eine Listenwahl ein, um Wahlfälschungen vorzubeugen, und bekam anschließend viel Beifall von Palast und Parteien.

Alle Kräfte für ein modernes Marokko

Der Ernennungserlass des Königs beinhaltet nicht nur die Aufforderung, Verhandlungen mit den unterschiedlichsten politischen Kräfte des Landes zu führen, um eine Mehrheitsregierung zu bilden, sondern definiert auch die Grundzüge des kommenden Arbeitsprogramms dieser Regierung, wie der Sprecher des Palasts, Hassan Aourid, stellvertretend für den König erklärt: "Die kommende Regierung muss wichtige Reformen anpacken, die schnell und mit Entschlossenheit in allen Bereichen durchgeführt werden sollen, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft. Effizienz, Entschlossenheit und Bürgernähe sollen die Arbeit der kommenden Regierung bestimmen."