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Iran Atompolitik

Shabnam Nourian30. März 2012

Nicht alle sind im Iran uneingeschränkt für den Atomkurs der Führung. Aber Kritik am Atomprogramm wird nicht öffentlich geäußert. Von den Reformkräften ist kein Impuls zur Entspannung zu erwarten.

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Studenten im Iran demonstrieren für das Atomprogramm des Landes (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Hoffnungen, dass innenpolitische Kräfte im Iran den Atomkurs, den der geistige Führer Ayatollah Ali Khamenei bestimmt, korrigieren könnten, werden von Kennern der Szene nicht bestärkt. Im Gegenteil: Zum einen haben die Parlamentswahlen im März die derzeitige politische Bedeutungslosigkeit des Reformlagers verdeutlicht. Und zum heiklen Thema Atompolitik äußern sich die Reformer erst recht nicht. Das gilt auch für die wenigen noch nicht geschlossenen reformorientierten Zeitungen. Dazu der im Pariser Exil lebende Journalist Hossein Bastani: "Der Nationale Sicherheitsrat hat schriftlich allen Zeitungen jede Berichterstattung untersagt, die die Atompolitik in Frage stellen würde. So einen Brief habe ich in der Hand gehabt.“

Rückbesinnung auf Ära Khatami

Bastani schrieb bis 2005 für mehrere Reformblätter. Für seine kritischen Beiträge kam er ins Gefängnis. Danach verließ er sein Heimatland und arbeitet nun als politischer Kommentator im Ausland. Bastani glaubt, dass alle Reformer im Iran gegen die Atompolitik der Regierung Ahmadinedschad sind: "Sie äußern sich zwar nicht direkt, aber bei jeder Gelegenheit betonen sie, dass die Atompolitik der Regierung Khatami richtig war.“

Der im Exil lebende iranische Journalist Hossein Bastani (Foto: DW)
Der im Exil lebende iranische Journalist Hossein BastaniBild: Zamaaneh

Ahmadinedschads Vorgänger Khatami hatte 2003, nach Enthüllungen über das verdeckte iranische Atomprogramm, den USA ein umfangreiches Angebot über eine Sicherheitskooperation gemacht. Dazu gehörte auch der Einblick in das Atomprogramm und eine verbesserte Zusammenarbeit mit der IAEA. Kurz zuvor soll der Iran sein militärisches Nuklearprogramm gestoppt haben, wie ein amerikanischer Geheimdienstbericht von 2007 feststellte. Die USA lehnten das Angebot jedoch ab. In den folgenden Jahren versuchte dann die EU mit dem Iran ein Nuklear-Abkommen zu erzielen, jedoch vergeblich.

Konfrontationskurs

Im Sommer 2005 änderte sich die politische Landschaft im Iran. Der von dem konservativen Lager unterstütze Mahmud Ahmadinedschad wurde neuer Präsident des Landes. Er ging in der Atomfrage auf Konfrontationskurs mit der Weltgemeinschaft, im Einklang mit dem religiösen Führer, Khamenei.

Der geistige Führer Ali Khamenei (Foto: Parspix)
Für den geistigen Führer Khamenei ist Irans Atomprogramm unantastbarBild: picture alliance / abaca

Hossein Bastani sieht bei Khamenei in der Atomfrage eine zunehmende Radikalisierung: "Als Ahmadinedschad im Jahr 2009 der Welt Entgegenkommen signalisieren wollte, blockierte der religiöse Führer die Initiative Ahmadinedschads.“ Damals ging es um eine Vereinbarung, wonach die iranische Atomanreicherung nach Russland ausgelagert werden sollte. Daraus wurde nichts. Auch die Reform-Protagonisten Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi waren damals übrigens gegen den Atomdeal: ein Hinweis darauf, dass die Haltung des Reformlagers in der Atomfrage nicht ohne weiteres mit Entspannung und Kooperationsbereitschaft gleichzusetzen ist.

Machtlosigkeit der Reformer

Abbas Abdi, politischer Kommentator aus Teheran, bedauert, dass die Reformer gespalten seien und keine klaren Vorstellungen hätten: "Sie sollen deutlich machen, wer sie sind und was sie erreichen wollen“. Sie seien unter den jetzigen Umständen unfähig, auf den Kurs der Regierung in der Atomfrage Einfluss zu nehmen. "Für die nahe Zukunft sehen die Einflussmöglichkeiten des Reformlagers eher düster aus. Es sei denn, die Machthaber gerieten derart in Schwierigkeiten, dass sie die Hilfe der Reformer brauchen, um an Legitimität zu gewinnen.“

Der politische Beobachter Abbas Abdi in Teheran (Foto: DW)
Der politische Beobachter Abbas Abdi steht dem Reformlager naheBild: jamaran.ir

Ein Reformpolitiker, der vor kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde und aus Angst vor Repressalien gegen seine Familie ungenannt bleiben möchte, schildert die Machtlosigkeit in der jetzigen politischen Landschaft: "Die Reformer, egal unter welchem Titel und in welche Gruppierung sie eingeordnet werden, können nichts machen, außer Petitionen zu veröffentlichen. Und wenn es um das Atomprogramm geht, wird die Sache noch viel komplizierter.“

Der Politiker, der über zehn Jahre im Gefängnis verbracht hat, sagt, die entscheidende Person in der Atomfrage sei der religiöse Führer. Khamenei habe definiert, welches Image die Machthaber pflegen wollen: unnachgiebig in der Auseinandersetzung um das Atomprogramm, allein um die nationalen Rechte zu verteidigen.

Er rechnet nicht damit, dass die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung wegen der verschärften Sanktionen die Position der Machthaber gefährdet: "Diese Regierung hat ihre Basis bei den Menschen am Rande der Großstädte und in den Dörfern. Sie machen insgesamt 60 Prozent der iranischem Bevölkerung aus und bekommen Geld vom Staat.“

Für den Reform-Politiker profitiert das konservative Lager sogar von dieser Auseinandersetzung. So lange die Welt auf das Atomprogramm fixiert sei, gerate die Frage der Menschenrechte weiter in den Hintergrund: "Dieser Konflikt geht zu Lasten der Demokratiebewegung im Iran.“