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Politik

Philippinische Journalistin Ressa verurteilt

15. Juni 2020

Ein Gericht in Manila hat die regierungskritische Journalistin Maria Ressa der Verleumdung für schuldig befunden. Die 56-Jährige darf vorerst gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben. Ihr drohen bis zu sechs Jahre Haft.

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Die philippinische Journalistin Maria Ressa (Foto: Reuters/E. Lopez)
Die philippinische Journalistin Maria RessaBild: Reuters/E. Lopez

"Die Regierung will eine Fassade der Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten"

Gegen die regierungskritische philippinische Journalistin Maria Ressa ist in einem Verleumdungsprozess eine Freiheitsstrafe verhängt worden. Eine Richterin in Manila legte das Strafmaß gegen die 56-Jährige und den mitangeklagten Journalisten Reynaldo Santos Jr. auf eine Höchstdauer von sechs Jahren und eine Mindestdauer von sechs Monaten und einem Tag fest. Beide wurden außerdem zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie blieben gegen Kaution auf freiem Fuß. Das Urteil gilt als Schlag gegen die Pressefreiheit in dem südostasiatischen Land.

Richterin Rainelda Estacio Montesa erklärte, das Urteil bedeute keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, denn es gehe um den Schutz vor Diffamierung. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Die mehrfach ausgezeichnete Ressa ist Chefredakteurin des Online-Nachrichtenportals Rappler und ist als scharfe Kritikerin des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte bekannt. Das von ihr mitgegründete Portal hat immer wieder kritisch vor allem über Dutertes hartes Vorgehen gegen die Drogenkriminalität berichtet.

Artikel aus dem Jahr 2012

Der Prozess geht auf einen Artikel zurück, der 2012 auf Rappler erschien und in dem ein Geschäftsmann mit Menschenhandel und Drogenschmuggel in Verbindung gebracht wurde. Die Beschwerde des Mannes über den Artikel wurde 2017 zunächst zurückgewiesen, später erhob die Staatsanwaltschaft jedoch Anklage.

Maria Rees verlässt nach dem Urteil das Gerichtsgebäude in der Hauptstadt Manila (Foto: Reuters/E. Lopez)
Maria Rees verlässt nach dem Urteil das Gerichtsgebäude in der Hauptstadt ManilaBild: Reuters/E. Lopez

Die Ermittler stützten sich dabei auf ein umstrittenes Gesetz zur Cyberkriminalität. Ressas Verteidiger halten dies für unzulässig, da das Gesetz erst Monate nach der Veröffentlichung des Artikels in Kraft trat. Das Gesetz erlaubt es, bis zu zwölf Jahre nach der angeblichen Verleumdung Anklage zu erheben. Ressa warnte, das Gesetz werde weitreichende Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und die Art der Nutzung von Onlinediensten haben.

Ressa kämpft weiter für Pressefreiheit

Die Journalistin kündigte nach dem Schuldspruch an, sie werde weiterhin "gegen alle Arten von Attacken auf die Pressefreiheit" kämpfen. Das Urteil sei ein Schlag gegen Pressefreiheit und Demokratie, komme aber nicht unerwartet. Anscheinend solle an den Angeklagten ein Exempel statuiert werden. "Wir sollen Euch Angst einjagen ... Habt keine Angst", sagte sie. "Denn wenn Ihr Eure Rechte nicht nutzt, werdet Ihr sie verlieren."

Gegen die repressive Politik des philippinischen Staatschefs Rodrigo Duterte schreibt Ressas Portal Rappler an (Foto: Getty Images/AFP/T. Aljibe)
Gegen die repressive Politik des philippinischen Staatschefs Rodrigo Duterte schreibt Ressas Portal Rappler an Bild: Getty Images/AFP/T. Aljibe

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnte, dass der Fall Auswirkungen über die Philippinen hinaus haben könne. "Der Rappler-Fall wird nicht nur in den Philippinen widerhallen, sondern in vielen anderen Ländern, die dieses Land bisher als einen soliden Hort der Pressefreiheit betrachteten", sagte der stellvertretende Asien-Direktor der Organisation, Phil Robertson.

Mindestens 5000 Todesopfer

Durch ihre kritische Berichterstattung über die Duterte-Regierung ist Ressa zu internationaler Berühmtheit gelangt. 2018 wurde sie vom US-Magazin "Time" zu einer der Persönlichkeiten des Jahres gekürt.

Der von "Rappler" ausführlich und kritisch geschilderte Drogenkrieg wird von Duterte seit seinem Amtsantritt 2016 mit äußerst rigorosen Methoden geführt. Nach Angaben der philippinischen Polizei wurden seither mehr als 5000 mutmaßliche Drogenkriminelle getötet. Menschenrechtsgruppen gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl etwa drei Mal so hoch ist. Kritiker werfen Duterte vor, den Sicherheitskräften freie Hand bei ihrem brutalen Vorgehen zu lassen und damit der Willkür Tür und Tor zu öffnen.

kle/sti (afp, dpa, ape, rtre)