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Ein Quantum Gaul

Stefan Nestler7. November 2008

Der Reitsport steht am Pranger: erst die Dopingaffäre um Olympia-Springreiter Ahlmann, jetzt Medien-Berichte über Tierquälerei. Dopingfahnder sollen künftig Pferde systematisch testen. Das geht mindestens einem zu weit.

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Christian Ahlmann auf seinem Pferd Cöster bei den olympischen Spielen 2008 in Hongkong. Reitspielen in
Pferde können nicht fliegen - eigentlichBild: AP

Gestatten, Aalglatt, James Aalglatt. Reit-Agent 007,5 Ihrer Majestät, der Kanzlerin, mit der Lizenz zum Quälen oder sagen wir lieber, politisch korrekt, mit der Lizenz zum Pferde-Tunen. Unsere Spezialeinheit wurde in den 1990er Jahren gegründet. Damals erfuhr die Öffentlichkeit, dass Barren nicht nur ein Turngerät, sondern auch eine einfache Methode ist, Gäule hüpfen zu lassen. Ein Schlag vors Bein und hops. Das war effektiv, aber primitiv, also schwer vermittelbar. Doch auf die Medaillen der Reiter wollte niemand verzichten. Schließlich hat keiner bei olympischen Spielen so viele davon gesammelt wie wir. Nur die Besten und Cleversten wurden für die neue Spezialeinheit rekrutiert und als Reit-Agenten ausgebildet.

Mit Sakko, Charme und Kappe

Die deutsche Vielseitigkeitsreiterin Alexa Bendfeldt stürzt von ihrem Pferd ins Wasser (14. Juni 2008). Zu sehen sind von ihr nur ihre nach oben gestreckten Beine. Quelle: ap
Agenten leben gefährlichBild: AP

Überflüssig zu erwähnen, dass jeder von uns das große Einmaleins der Umgangsformen beherrschen muss. Wir pflegen das Image der feinen Leute im Sattel: mit Sakko, Charme und Kappe. Das verschafft uns die perfekte Tarnung. In einem geheimen Labor wirkt unser Tüftler Q, eine Koryphäe seines Fachs. Er kann Pferde fliegen lassen. Q lässt sich immer wieder etwas Neues einfallen. Während alle Welt Chili-Schoten nur zum Würzen benutzt, entwickelt Q daraus eine Paste, die den Gäulen auf die Beine geschmiert wird. Das brennt bei Berührung höllisch. Also springen die Pferde lieber über als gegen das Hindernis. Oder die Elektroschock-Gamaschen. Man tut so, als wolle man dem Vierbeiner die Läufe wärmen. Statt dessen jagt man per Fernbedienung ein paar Volt durch die Gamasche und schon hüpft der Gaul.

Respekt und Liebe, nicht mehr, nicht weniger

James Bond alias Daniel Craig nippt am Martini
Geschüttelt, nicht gerührt

Sie finden das widerlich? Räumt James Bond seine Gegner immer mit feinen Mitteln aus dem Weg? Den fragt keiner danach. Ihm liegt die Frauen-Welt zu Füßen und nicht nur die. Ich verlange nicht mehr und nicht weniger als das: Respekt und Liebe. Uns dagegen hetzt man jetzt die Dopingjäger der Nationalen Anti-Doping-Agentur auf den Hals. Da kann ich doch nur müde lächeln. NADA, Nichts Als Deppen Allerorten! Ausgerechnet die wollen jetzt unsere Gäule testen. Q arbeitet bereits an einem computergesteuerten Gen-Modulator, der knapp unter die Haut des Pferdes platziert, jede positive Probe umgehend in eine negative wandelt. Dennoch: Wenn in Deutschland die Stimmungsmache gegen uns weiter geht, erwäge ich ernsthaft überzulaufen. Andernorts werden Reitagenten auf Händen getragen und von schönen Frauen umschwärmt. Und der Martini ist dort auch billiger - geschüttelt, nicht gerührt.