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Rekordjahr für Erneuerbare

Gero Rueter7. Januar 2016

Ein Drittel des deutschen Strombedarfs decken inzwischen die Erneuerbaren Energien, fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ein Problem für Deutschlands Klimaziele ist jedoch der Export von Kohlestrom ins Ausland.

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Windpark in der Nordsee
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Der Umbau der deutschen Stromversorgung kommt in Deutschland voran. Der Anteil Erneuerbarer Energien am deutschen Stromverbrauch lag 2015 bei 32,5 Prozent, im Jahr zuvor waren es noch 27,3 Prozent.

Der Zuwachs von Erneuerbaren Energien um mehr als fünf Prozentpunkte im deutschen Strommix ist der stärkste jemals verzeichnete, heißt es in dem aktuellen Rück- und Ausblick von der Denkfabrik Agora Energiewende. Für das kräftige Plus ist vor allem die Windkraft verantwortlich. In den letzten zwei Jahren gingen neue Windkraftanlagen mit einer Kapazität von insgesamt 8,3 Gigawatt (GW) neu ans Netz. Damit stieg die Stromerzeugung aus Wind im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent.

Weniger dynamisch verläuft inzwischen jedoch der Ausbau der Stromerzeugung mit Biomasse und Photovoltaik. Vor allem der Zubau der Solarkraft hinkt seit zwei Jahren den Regierungszielen hinterher: Solarstromanlagen mit einer Kapazität von 2,4 Gigawatt sollen pro Jahr neu ans Netz gehen, nach bisherigen Schätzungen waren es 2015 nur knapp 1,4 GW.

Infografik Strommix in Deutschland 2015
Der Anteil Erneuerbarer Energien bei der Erzeugung liegt bei 30 Prozent, gemessen am Stromverbrauch bei 32,5 Prozent.

Deutschland exportiert zunehmend Kohlestrom

Der Stromverbrauch in Deutschland stieg 2015 im Vergleich zum Vorjahr um etwa einen Prozent, die Stromproduktion jedoch um über drei Prozent. Der Grund liegt vor allem darin, dass Kohlekraftwerke ihre Stromproduktion trotz mehr Wind- und Solarstrom kaum drosseln und den überschüssigen Kohlestrom zunehmend ins benachbarte Ausland günstig verkaufen.

Nach Angaben von Agora Energiewende hat Deutschland nach Skandinavien inzwischen die zweitniedrigsten Börsenstrompreise in Europa. Rund acht Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms wird so in die Nachbarländer exportiert, Hauptabnehmer sind vor allem die Niederlande, Österreich und Frankreich.

Deutschland droht ein Scheitern bei Klimazielen

Bis 2020 will Deutschland den CO2-Austoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent reduzieren, bisher hat Deutschland nur 27 Prozent erreicht. Um das Ziel zu erreichen, müsste der CO2-Ausstoß jetzt pro Jahr um etwas drei Prozent sinken.

Für die deutschen Klimaziele wird der zunehmende Export von Kohleverstromung jedoch zum Problem. "Deutschland hat trotz der Stilllegung von Atomkraftwerken Strom im Überfluss. Jetzt fließt aber überflüssig gemachter Kohlestrom ins Ausland und deshalb hat sich im vergangenen Jahr die Klimabilanz des deutschen Stromsystems kaum verbessert, die Gesamt-Treibhausgasemissionen Deutschlands sind sogar leicht angestiegen", sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Er mahnt: "Ohne eine klare Strategie zur Dekarbonisierung des Strom-, Wärme- und Verkehrssektors wird Deutschland seine auf der Klimakonferenz in Paris versprochenen Klimaschutzziele nicht erreichen können."

Dr. Patrick Graichen Agora Energiewende
Patrick Graichen, Direktor von Agora EnergiewendeBild: P. Graichen / Agora Energiewende

Ähnlich sieht es auch Greenpeace-Experte Niklas Schinerl. Er rügt die bisherige Politik der Bundesregierung. "Der derzeitige Rekordanteil von Erneuerbaren Energien basiert auf dem hohen Zubau in der Vergangenheit", so Schinerl. "Wirtschaftsminister Gabriel hat zuletzt die Kohleindustrie geschützt und die Erneuerbaren ausgebremst. Wenn Gabriel in diesen Wochen die künftigen Ausbauziele für die Erneuerbaren beschließt, muss er dabei die Konsequenzen aus dem Pariser Klimaabkommen ziehen."

Bürger wollen Umstieg auf Sonne und Wind

Bei der Umsetzung einer ambitionierten Energiewende ist die Zustimmung in Deutschland sehr groß. Nach Angaben von Agora halten 90 Prozent der Menschen die Energiewende für "wichtig" oder "sehr wichtig". Laut einer Umfrage im Auftrag der Bundesregierung werden als wesentliche Energieträger in den kommenden Jahrzehnten werden vor allem Sonnenenergie (85 Prozent) und Windkraft (77 Prozent) gewünscht.

Demgegenüber favorisieren acht Prozent der Bürger eine Energieversorgung mit Atomenergie, 22 Prozent eine mit Erdgas, sieben Prozent mit Erdöl und nur zu fünf Prozent mit Kohle.