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Religion als Event

Carola Hoßfeld16. August 2005

Der Weltjugendtag der katholischen Kirche findet zum ersten Mal in Deutschland statt. Das Augenmerk der Medien ist auch auf den Papst gerichtet - es ist seine erste Auslandsreise. Carola Hoßfeld kommentiert.

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400.000 Dauerteilnehmer haben sich angemeldet. Bei der
Abschluss-Messe mit dem Papst wird sogar mit einer Million Besuchern gerechnet. Der Weltjugendtag ist der größte religiöse Massen-Event, den es bislang in Deutschland gegeben hat. Es wird vor allem ein Fest werden, ein Glaubensfest junger Menschen.

Jeder Weltjugendtag hat sein eigenes Motto. Doch die Themen in Gottesdiensten, bei Vorträgen und Diskussionen drehen sich immer um die gleichen Fragen: Wie kann ich als Christ leben? Welche Verantwortung habe ich in der Welt? Wie kann ich mich als junger Christ für mehr Frieden und Gerechtigkeit einsetzen? Die Betonung liegt dabei auf "katholischer" Christ.

Offiziell sind sie zwar alle herzlich eingeladen, die Protestanten, die Juden und die Muslime. Der Geist, der auf dem Weltjugendtag weht, ist jedoch katholisch, ganz im Sinne der römischen Zentrale.

Ein zentrales spirituelles Element ist zum Beispiel die Beichte. Auf dem Kölner Messe-Gelände sind eigens dafür drei Hallen reserviert. Schwer vorstellbar, dass junge Nicht-Katholiken bei einem katholischen Priester ihr Herz ausschütten.

Weltjugendtage demonstrieren die Weltumspanntheit und auch Schlagkraft des Katholizismus. Welche andere Religions-Gemeinschaft kann ein Jugend-Event dieser Größenordnung und Internationalität organisieren? Mit einem Oberhaupt an der Spitze, dem die Jugend zujubelt. Das tat sie beim verstorbenen Papst, der einen ganz besonderen Zugang zu ihr hatte. Und das wird sie auch bei Benedikt XVI. tun.

Erklären lässt sich das keinesfalls damit, dass viele Jugendliche frommen, papsttreuen, geistlichen Gemeinschaften angehören. In Köln wird sich das Phänomen wiederholen, über das die Medien schon beim Pontifikats-Wechsel im April 2005 staunten: Die Begeisterung der Jugend für die alte Kirche und für den neuen Papst, der mit 78 Jahren auch nicht mehr zu den Jüngsten zählt.

Religion als Event heißt das Zauberwort, das dem Weltjugendtag auf die Spur kommt: Solche Veranstaltungen liegen nach einer Studie von Wissenschaftlern aus Würzburg voll im Trend. Ein Trend, den der verstorbene Johannes Paul II. bereits vor 20 Jahren erkannt hat. Weltjugendtage sind seine Erfindung. Die Neu-Evangelisierung, ein Haupt-Anliegen des Papstes aus Polen, sollte auch die Jugend erreichen.

1986 wurde der erste offizielle Weltjugendtag in Rom gefeiert. Die Jugend, so damals sein Appell, solle Strukturen schaffen, die sich "an der Wahrheit, der Solidarität und dem Frieden ausrichten" und sich gegen Unterdrückung engagieren. Diese Botschaft kam an. Sie kommt an bis heute.

Ein Blick auf das Programm des Weltjugendtags in Köln zeigt, dass Gerechtigkeit im Zeitalter der Globalisierung bei vielen Programm-Punkten ein Thema ist. Zahlreiche Veranstaltungen setzen einen Akzent auf die Solidarität in der einen Welt.

Wenn Benedikt XVI. auf seiner ersten Auslandsreise in seiner Heimat ist, wird er eine Manifestation des Glaubens erleben. Die Realität in Deutschland spiegelt sie nicht wieder. Die katholische Kirche kämpft mit Kirchen-Austritten, Priester-Mangel, Überalterung und Finanz-Sorgen.

Johannes Paul II. bemühte bei Weltjugendtagstreffen gerne das Bild von einer jungen Kirche. "Ihr seid die Zukunft der Kirche", rief er hundertausenden begeisterter Jugendlicher zu. In Deutschland ist von kirchlicher Aufbruchstimmung wenig zu spüren. Optimisten erhoffen sich vom Weltjugendtag neue Impulse. In der Mehrheit sind sie nicht. Zumindest aber für eine Woche wird die Jugend aus aller Welt ein Fest feiern und zeigen, dass Glaube auch ein fröhliches Gesicht haben kann.