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Mit Allahs Segen

2. Februar 2011

Auf dem Gelände der Zentralmoschee in Köln ist Richtfest gefeiert worden. Einige Dutzend Anhänger einer rechtsradikalen Kölner Gruppierung demonstrierten währendessen lautstark. Doch sie standen im Abseits.

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Zentralmoschee in Köln Ehrenfeld im Rohbau (Foto: DW)
Zentralmoschee in Köln Ehrenfeld im RohbauBild: DW

"Wir sind das Volk" skandierten die Anhänger der radikalen Moscheebaukritiker, die Vertreter der Bewegung "Pro Köln", am Mittwoch (02.02.2011) in Köln. Auf ihren Pappschildern standen eindeutige Botschaften wie durchgekreuzte Moscheen. "Das Volk" bestand allerdings aus nur rund 50 Menschen, die von Polizeikräften mit Sperrgittern abgeriegelt wurden.

Viel Polizei - wenig Moscheegegner (Foto: DW)
Viel Polizei - wenig MoscheegegnerBild: DW

"Haut ab" und "Nazis raus" riefen ihnen von der anderen Straßenseite aus Bürger aus dem Stadtteil Ehrenfeld entgegen, in dem die neue Großmoschee entsteht. Die Kölner Bevölkerung hatte bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, was sie von "Islam-Hassern" hält. Diese wurden schon aus Bussen hinausgeworfen oder erhielten keine Mietwohnung. Der Stadtteil Ehrenfeld mit einem Anteil an muslimischen Migranten von 40 Prozent gilt als multikulturell. Döner wird hier neben Sauerkraut und Eisbein geboten. Anwohner beschreiben ihr Verhältnis zu den muslimischen Mitbürgern als sehr freundschaftlich und entspannt.

Einladung statt Abschottung

So soll es denn auch in der Zentralmoschee zugehen - ein Ort nicht nur zum Beten, sondern auch ein Platz, wo Muslime und Christen sich begegnen und ins Gespräch kommen können. 1200 Menschen bietet die Moschee Platz. Rund drei Jahre wurde an ihr gebaut. Noch immer steht der Rohbau unter großen Gerüsten. Die Architektur aber lässt unter den beiden 50 Meter hohen Minaretten die Form einer großen, mehrfach aufgeschnittenen Kuppel erkennen. Die so entstehenden Spalten in der Außenhaut unterstreichen die beabsichtigte Durchlässigkeit und Transparenz. "Wir wollen uns hier auf keinen Fall verschanzen", hatte Orhan Bilen, Vorstandsmitglied der türkisch-islamischen Ditib, dem Bauherrn der Moschee erklärt.

Foto: DW
Richtfest für die Zentralmoschee KölnBild: DW

Beim Richtfest, der traditionellen Einweihung eines Rohbaus in Deutschland, wechselten sich also Handwerker mit hochrangigen Vertretern des türkisch-islamischen Dachverbands ab. Zünftige Sprüche der überwiegend deutschen Bauarbeiter wurden ergänzt durch gesungene Koransure, ein Miteinander schon auf der Baustelle.

Die sich gegenseitig anbrüllenden Demonstranten erschienen weit weg. Sie waren schlicht nicht mehr zu hören. "Das Thema der Islamfeindlichkeit ist im Augenblick ohnehin hauptsächlich von Medien hochgepuscht", findet Ayse Aydin von Ditib. "Die Realität sieht glücklicherweise nicht ganz so drastisch aus".

Anerkennung schafft Vertrauen

Tatsächlich gelang aber der radikalen Protestbewegung "Pro Köln" mit ihrem Kampf gegen den Kölner Moscheebau der Einzug ins Kölner Stadtparlament. Die Mehrheit des Stadtrats gab aber grünes Licht für den Bau der Moschee. Viele der rechtspopulistischen Kräfte sprechen seither von "Landnahme" und befürchten, dass die Moschee ein überdimensionales Symbol für die grenzenlose Islamisierung in Deutschland generell sei.

In jedem Fall ist der bisherige Gebetsraum in einem schäbigen Hinterhof eines Fabrikgebäudes nun bald Geschichte. Die 600 bis 1000 Besucher, die regelmäßig zum Freitagsgebet dorthin kommen, erhalten mit der neuen Zentralmoschee eine steingewordene Verneigung der katholischen Domstadt Köln gegenüber den 120.000 Kölner Muslimen.

Autor: Wolfgang Dick
Redaktion: Kay-Alexander Scholz