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Risiken und Nebenwirkungen

16. August 2002

Ohne Zweifel: Wir leben in einer Informationsgesellschaft. Nachrichten werden immer schneller und immer häufiger ausgetauscht. Aber ist das menschliche Hirn der Datenflut überhaupt gewachsen?

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Überblick behalten!

Seit der digitalen Revolution in den 1960er und 1970er Jahren ist das Informationszeitalter angebrochen. Allerdings: Mehr und mehr wird über Defizite der Informationsbestimmtheit diskutiert. Ein Blick in den Sammelband Was kommt nach der Informationsgesellschaft? zeigt das breite Spektrum der Debatte auf.

Vom Wert der Information

"Anstelle von Quantität müssen wir Qualität anstreben", schreibt der amerikanische Sachbuchautor Steve Talbott. Der Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz verweist auf eine Schätzung, wonach 98 Prozent aller dargebotenen Informationen nicht bewusst verarbeitet werden. Es kommt also auf eine sinnvolle Auswahl an. Aber niemand kann verbindlich sagen, was wichtig ist, wie Bolz bemerkt.

Der Zukunftsforscher Matthias Horx macht geltend, dass die Information durch ihre Allgegenwart entwertet werde. "Computer erzeugen immer mehr Information bei gleichzeitig abnehmendem Grenznutzen. Mit anderen Worten: Das Anschwellen der Datenströme ist nicht durch einen echten Lernprozess beim Wissensmanagement entschärft oder ergänzt worden."

Datenfluten als "Religionsersatz"?

Eine Studie der University of California zeigt, dass in den drei Jahren 2001 bis 2003 weltweit mehr Informationen bekannt werden als in den vergangenen 300 000 Jahren zusammen. Allein 1999 wurde eine Anzahl neuer Daten produziert, die etwa 1 500 Milliarden neuer Bücher entspricht. Steve Talbott findet es erstaunlich, dass die Information als Vermittlerin persönlicher und gesellschaftlicher Erlösung vergöttert wird. Ihm erscheint die Hoffnung auf Erkenntnis und Verstehen durch Information als eine Illusion. Er konstatiert vielmehr eine Entfremdung von dem, was wirklich ist, eine Entleerung der Fülle der Welt.

Markt für Träume

"Nur wenn wir die Geistesströmung wieder beleben, die einen Gegensatz zu der in der Information mit Vorliebe gepflegten darstellt, können wir die Balance herbeiführen, die wir brauchen, um das Informationszeitalter hinter uns zu lassen", ist Talbott überzeugt. Diese Geistesströmung ist für ihn gekennzeichnet durch Orientierung auf qualitative Reichhaltigkeit.

Der dänische Futurologe und Unternehmensberater Rolf Jensen spricht von einer kommenden 'Dream Society'. Auf das Zeitalter der Information folge das der Mythen und Imaginationen. "Der Markt für Träume wird bald den Markt für Informationen übertreffen, der Markt für Gefühle den für greifbare Produkte." Wie Jensen feststellt, stehen wir "mit einem Fuß in der Informationsgesellschaft und dem anderen in der Traumgesellschaft."

Buchtipp:

Was kommt nach der Informationsgesellschaft? (Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, 2002), 308 Seiten, ISBN 389204628X, EUR 20.