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Rote Linie für Street View und Co.

1. Dezember 2010

Als Konsequenz aus den Debatten über Facebook und Google Street View will Bundesinnenminister de Maizière den Datenschutz im Internet verschärfen. Der Branchenverband Bitkom assistiert mit einer Selbstverpflichtung.

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Verpixelte Häuser bei Street View (Foto: google)
In Deutschland haben rund eine Viertel Million Bürger Einspruch bei Street View eingelegtBild: google

Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte am Mittwoch (01.12.2010) in Berlin einen Gesetzentwurf vor, der eine "rote Linie" für Internet-Dienste markiere, die unter keinen Umständen überschritten werden dürfe. "Notwendig ist ein breiter Ansatz, der das gesamte Internet einbezieht und sich nicht nur auf einzelne Teilaspekte wie Geodaten oder gar nur auf Google Street View beschränkt", betonte der CDU-Politiker. Das vor knapp zwei Wochen gestartete Street View wird vor allem von Datenschützern kritisiert. Rund eine Viertelmillion Bürger legte Widerspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Häuser ein. Das Internetportal Facebook ist wegen seines Umgangs mit persönlichen Daten umstritten.

Warnung vor Gesichtserkennungsdiensten

Bundesinnenminister de Maiziere (r.) und Bitkom-Präsident Scheer (Foto: dpa)
Bundesinnenminister de Maiziere (r.) und Bitkom-Präsident ScheerBild: picture alliance/dpa

Der Gesetzentwurf des Innenministers sieht vor, dass eine "gezielte Verbreitung von Persönlichkeitsprofilen" nur dann erlaubt ist, wenn die Betroffenen dem zugestimmt haben oder ein "klar überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung" bestehe. Gleichzeitig will de Maizière die Veröffentlichung von Daten im Netz unterbinden, wenn sich dadurch ein "umfangreiches Persönlichkeits- oder Bewegungsprofil des Betroffenen ergeben" könne oder der Betroffene "in ehrverletzender Weise" beschrieben oder abgebildet werde. Dies gelte für kommerzielle Anbieter - aber auch für Privatpersonen, die beispielsweise als "Stalker" andere Menschen verfolgen.

Der CDU-Politiker warnte in diesem Zusammenhang vor sogenannten Gesichtserkennungsdiensten. "Es wird zunehmend technisch möglich sein, über eine integrierte Kamera eines internetfähigen Handys jedermann auf der Straße oder in einem Café aufzunehmen und anhand eines Fotos eine Sofortrecherche im Internet durchzuführen", sagte de Maizière. Hier gebe es gesetzgeberischen Handlungsbedarf.

Linke und Grüne kritisierten den Entwurf. Linke-Fraktionsvorstandsmitglied Jan Korte forderte Konkretisierungen. Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte: "Es müssen klare Grundsätze für den Datenschutz gelten anstatt wie von de Maizière beschrieben nur eine 'rote Linie'."

Kodex für Geodatendienste

Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer, überreichte dem Innenminister eine Selbstverpflichtung der Internet-Wirtschaft. Im Zentrum des Kodex für Geodatendienste stehe ein Netzportal für Informationen und Widersprüche. Hier gebe es auch Links, die direkt auf die Widerspruchsseiten aller beteiligten Anbieter verwiesen. Der Vorschlag wird laut Scheer in den nächsten Wochen mit der Bundesregierung sowie den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern diskutiert.

Die Schatten von Jugendlichen mit einem Laptop sind vor dem Schriftzug des sozialen Internet-Netzwerks Facebook zu sehen (Foto: dpa)
Auch sozialen Netzwerken wie Facebook soll die rote Linie beim Umgang mit Daten aufgezeigt werdenBild: picture-alliance/dpa

Verstöße gegen den Kodex sollen im Einzelfall mit einer Geldbuße von bis zu 20.000 Euro bestraft werden können. Die Selbstverpflichtung wird bislang von den Unternehmen Google, Microsoft, Nokia, Deutsche Post DHL, Deutsche Telekom sowie den Adress- und Geo-Spezialisten ED Encourage Directories, Panolife und Panogat unterstützt. Das Verbraucherministerium begrüßte den Vorstoß. "Insbesondere müssen die Daten bei der geplanten Widerspruchsstelle sicher sein und dürfen nur zum Zweck des Widerspruchs genutzt werden", sagte ein Sprecher.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schließlich mahnte Behörden und Unternehmen, generell weniger Daten zu sammeln. Je mehr zentral gesammelt würde, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Leck zu Datenmissbrauch führe, sagte die FDP-Politikerin. Der Fall Wikileaks sei auch eine "Warnung zur Datensparsamkeit". Für ein Eingreifen des Gesetzgebers gegen die Internetplattform sehe sie allerdings keine Möglichkeit. Wikileaks hatte Anfang der Woche damit begonnen, rund 250.000 teils vertrauliche Dokumente des US-Außenministeriums zu veröffentlichen.

Autor: Stephan Stickelmann (dpa afp dapd rtr)
Redaktion: Eleonore Uhlich