1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rousseff kritisiert Europäer

5. Oktober 2011

Auf dem EU-Brasilien-Gipfel in Brüssel hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff die Sparprogramme kritisiert und die EU aufgefordert, das Wachstum anzukurbeln.

https://p.dw.com/p/12lat
Porträt von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff am Rednerpult auf dem EU-Brasilien-Gipfel in Brüssel (Foto: dpa)
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff auf dem EU-Brasilien-Gipfel in BrüsselBild: dapd

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Brasilien sind bestens: Im ersten Halbjahr hat die EU so viele Waren wie nie zuvor in Brasilien eingekauft. Die Importe aus dem südamerikanischen Land beliefen sich auf den Rekordwert von 18,5 Milliarden Euro.

Aber sobald von der Euro-Krise die Rede ist, kühlt sich das freundschaftliche Klima zwischen beiden Seiten merklich ab. Auf dem fünften EU-Brasilien-Gipfel am Dienstag (04.10.2011) in Brüssel, hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff die Probleme offen angesprochen: "Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die Krise nur mit gezielten Wachstumsimpulsen überwunden werden kann. Wir brauchen eine Politik der wirtschaftlichen Stabilität die mit sozialpolitischen Maßnahmen abgestimmt ist und Rendite und Arbeitsplätze schafft. Sparmaßnahmen allein machen keinen Sinn", kritisierte Rousseff.

Bei ihrem gemeinsamen Auftritt mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, wiederholte Dilma Rousseff die Ratschläge, die sie bereits am Vortag dem amtierenden belgischen Premierminister Yves Leterme gegeben hatte: "Brasilien weiß aus eigener Erfahrung, dass nur eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik in der Lage ist, die notwendigen Überschüsse zu erzeugen um Schulden zu bezahlen und die öffentlichen Haushalte zu sanieren", so die brasilianische Präsidentin, die sich bereit zeigte, die eigenen Erfahrungen mit den europäischen Amtskollegen zu teilen: "Sie können auf Brasilien zählen", versprach Rousseff, die jedoch keine weiteren Angaben über die Art und den Umfang der angebotenen Hilfe machte.

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso (v. l.) geben sich die Hände (Foto: dpa)
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mussten sich von Präsidentin Dilma Rousseff kritische Worte anhörenBild: dapd

Zuvor hatten Van Rompuy und Barroso die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens übereinstimmend gelobt. Brasilien "sei als Regionalmacht ein Mehrwert für Europa und für die Welt", so Barroso, der, um die Verbundenheit mit dem südamerikanischen Land zu unterstreichen, ausnahmsweise auf Portugiesisch sprach.

Der EU-Kommissionspräsident hob hervor, dass die EU der wichtigste Handelspartner Brasiliens sei und der größte Investor in dem Land. "Der Mercosur empfängt mehr europäische Direktinvestitionen als Russland, China und Indien zusammen", unterstrich Barroso die Bedeutung des gemeinsamen südamerikanischen Marktes. Das Freihandelsabkommen zwischen beiden Seiten liegt unterdessen immer noch auf Eis, obwohl Europa seit geraumer Zeit einen besseren Zugang zu den lateinamerikanischen Märkten sucht.

Barroso sprach sich in Gegenwart Rousseffs für eine "gerechtere und multilaterale Weltordnung" aus, ohne dabei jedoch konkret auf die brasilianischen Bestrebungen nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat einzugehen.

Europäisches Lob

Symbolbild: brennender Euroschein (Foto: Fotolia.com)
Während der Euro brennt...Bild: Pictures4you - Fotolia.com

Seit dem Beginn der strategischen Partnerschaft zwischen Brasilien und der EU im Jahr 2007 sind bislang rund zwanzig bilaterale Abkommen unterzeichnet worden. In Brüssel wurde am Dienstag die weitere Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Tourismus vereinbart. "Brasilianische Studenten sind uns herzlich willkommen", bekräftigte Barroso.

Die EU betrachte Brasilien als einen "entscheidenden Partner" von "wachsendem weltweitem Einfluss", so EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der der brasilianischen Regierung versicherte, Europa werde sich weiter bemühen, die Finanzkrise in den Griff zu bekommen und die europäischen Institutionen zu stärken.

Van Rompuy sparte nicht mit Lob an die Adresse der Südamerikaner. "Der Erfolg Brasiliens ist beeindruckend, vor allem dank der Stabilität und der Stärke, die die brasilianische Wirtschaft in den letzten Jahren bewiesen hat. Das Land verzeichnet ein ausgewogenes Wachstum und hat es geschafft, das Einkommen besser zu verteilen. Brasilien hat eine glänzende Zukunft vor sich."

Banknoten der brasilianischen Währung Real (Foto: dpa)
... ist der brasilianische Real so stabil wie die boomende Wirtschaft des LandesBild: picture-alliance/dpa

Die brasilianische Präsidentin hat die Staatengemeinschaft dazu aufgerufen, dringend zu Handeln um die Wirtschaftskrise zu bekämpfen. "Die Schwierigkeit, einen politischen Konsens zu erzielen hat die Welt in diese problematische Situation gebracht", so Rousseff, die sich für einen "präventive Diplomatie und weniger bewaffnete Interventionen" aussprach, ohne dabei jedoch direkt den Militäreinsatz in Libyen erwähnen.

Rousseff nutzte den EU-Brasilien-Gipfel in Brüssel auch um für die Arbeit ihrer Regierung zu werben: "Wir haben unseren Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Folter und Menschenrechtsverletzungen verschärft. Ich möchte daran erinnern, dass wir den Status von einhunderttausend Einwanderern legalisiert haben, die auf der Suche nach einem besseren und würdigeren Leben nach Brasilien gekommen sind", so Rousseff über die Einwanderungspolitik, ein Thema, das in Europa kontrovers diskutiert wird.

Autorin: Nadia Pontes
Redaktion: Mirjam Gehrke