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Im Kino: c

Jochen Kürten17. September 2016

28 Spielfilme hat Regisseur Rudolf Thome seit Ende der 1960er Jahre gedreht. Einen 29. Film wird es wohl nicht mehr geben. Warum das so ist, verrät er der Schauspielerin und Regisseurin Serpil Turhan in deren Film.

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Filmstill aus ' Rudolf Thome - Überall Blumen' Dokumentation (Foto: LUZID FILM)
Bild: Luzid Film

Die französische Filmzeitung "Cahiers du cinéma" hat ihn einst als "den wichtigsten unbekannten deutschen Regisseur" bezeichnet. Da ist etwas Wahres dran. Thome dürfte weit weniger bekannt sein als Regiekollegen wie Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders oder Volker Schlöndorff, die alle in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre begannen, Filme zu drehen.

Geschätzt von Fachleuten und Cineasten

Andererseits: Es gibt nicht all zu viele deutsche Regisseure, die seither kontinuierlich für das Kino gearbeitet haben: 28 Filme im Zeitraum zwischen 1968 und 2011, das ist eine stolze Zahl. Und es ist ja auch nicht so, dass Thome hierzulande keine Fans hätte. Im Gegenteil: Der Regisseur wird von vielen Kritikern hochgeschätzt, und das nicht nur in Frankreich. Insbesondere in Deutschland hat die Filmpublizistik das Werk des gebürtigen Hessen meist sehr positiv begleitet: Deutsche Kritiker, die das Werk eines Landsmanns schätzen - auch das kommt nicht gerade oft vor.

Filmszene aus 'Der schöne Tag' - Schauspielerin Serpil Turhan (Foto: picture-alliance/peripher-verleih)
Serpil Turhan, hier in Thomas Arslans Film "Der schöne Tag"Bild: picture-alliance/peripher-verleih

Doch nun, mit Mitte 70, muss Thome erkennen, dass die Regiekarriere wohl zu Ende ist. Darum geht es auch in der Dokumentation "Rudolf Thome - Überall Blumen" der Schauspielerin und ehemaligen Thome-Regieassistentin Serpil Turhan. Bei der Berlinale im Februar feierte der Film Premiere, jetzt kommt er in Deutschland in die Kinos.

Thome lebt seit einigen Jahren auf einem Hof in der brandenburgischen Provinz bei Niendorf und dort hat ihn Turhan besucht und ihn gefilmt, vornehmlich beim Alltag: bei der Gartenarbeit und auf dem Fahrrad, vor dem Computer und beim Schreiben seines Blogs, beim Skype-Gespräch mit der Tochter in den USA.

Scheitern mit Crowdfunding

"Rudolf Thome - Überall Blumen" ist ein schöner, unaufgeregter Film geworden. Ein Künstlerporträt, vielleicht aber noch vielmehr ein Film über das Leben und das Alter und die Frage, was die Arbeit und der Sinn des Lebens miteinander zu tun haben. Seit ein paar Jahren hat Thome Schwierigkeiten, seine Filme zu finanzieren und da eine letzte verlässliche Geldquelle versiegt ist, spielt Thome mit dem Gedanken seinen 29. Film über Crowdfunding zu finanzieren. Aber das klappt nicht - das zeigt Turhans Film. Und es ist diese sich langsam breit machende Erkenntnis, die das Zentrum des Films ausmacht.

Filmstill aus ' Rudolf Thome - Überall Blumen' Dokumentation (Foto: LUZID FILM)
Schreibt an seiner Autobiografie: Rudolf ThomeBild: Luzid Film

Ein Künstler am Ende seiner Karriere, das könnte nun ein Film sein über Frust und mit viel Wehmut. Und auch wenn schon deutlich wird, dass Thome gern weitergefilmt hätte, ist "Überall Blumen" kein trauriges Werk geworden. Im Gegenteil: Thome, der in seinen früheren Filmen "Detektive", "Rote Sonne" und "Supergirl" (1968 – 1971) mit Schauspielern wie Iris Berben, Uschi Obermaier und Marquard Bohm das Lebensgefühl der Zeit eingefangen hat, ist ein sehr jung gebliebener Mitt-Siebziger.

Erinnerungen an eine Regiekarriere

Wie er da in seinem Garten sitzt und erzählt, sich erinnert und die Gedanken schwelgen lässt, hat man nicht den Eindruck, hier hadere einer mit seinem Schicksal. Auch wenn er in einer Szene zugibt, dass auch er sich über eine Goldene Palme gefreut hätte und dass er auf die Kollegen Klaus Lemke oder Fassbinder auch ein bisschen neidisch gewesen ist in jenen Jahren, als diese Erfolg hatten.

Filmstill aus ' Rudolf Thome - Überall Blumen' Dokumentation (Foto: LUZID FILM)
Die Film-Vergangenheit lebt in Thomes Scheune weiter ...Bild: Luzid Film

Sepil Turhan verzichtet in ihrem Thome-Film fast ganz auf Filmausschnitte, doch die Vergangenheit ist immer gegenwärtig, vor allem, wenn Thome in der großen Scheune steht zwischen dutzenden Filmspulen und Plakaten, Filmklappen und all den Utensilien, die sich angesammelt haben.

Autobiografie und Arbeiten auf dem Hof

Jetzt schreibt er an seinem Blog und an seiner Autobiografie, auch wenn er nicht weiß, ob er dass eigentlich kann, ein ganzes Buch über das eigene Leben schreiben.

Der große Hof, auf dem Thome lebt, erfordert viel Arbeit. Das macht "Überall Blumen" sehr deutlich. Man könnte sagen, die Arbeit und das Leben in der ländlichen Einsamkeit, das zusammen ist irgendwie ja auch schon so etwas wie die Fortschreibung der Regiekarriere, sein 29. Film. Es ist nicht sein schlechtester.