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"Rugby-Ei oder Fußball?" Südafrikas Nationalsport

15. Juli 2010

Sport gilt in Südafrika als Instrument nationaler Versöhnung. Nicht nur auf Fußball ruht diese Hoffnung. Auch der vormals exklusiv "weiße" Nationalsport Rugby öffnet sich langsam für schwarze Nachwuchstalente.

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Drei Spieler des Soweto Rugby Clubs (Foto: Schadomsky)
Der Soweto Rugby ClubBild: DW

Es grenzt an ein Wunder, dass sich die Spieler, die sich wie jeden Dienstagabend zum Training versammelt haben, bei den Übungseinheiten nicht verletzen. Angefeuert vom Konditionstrainer laufen sie immer wieder gegen die schweren Matten an, um das im Rugby spielentscheidende Tackling zu üben.

Doch eine Verletzung könnte ebenso von dem Trainingsplatz herrühren. Der ist ein besserer Acker und jetzt, um 19 Uhr, fast unbeleuchtet. Zum Glück spendet der Fußballplatz nebenan etwas Flutlicht, eine eigene Anlage haben sie nicht beim Soweto Rugby Club.

Training des Soweto Rugby Clubs (Foto: Schadomsky)
Der "weiße" Nationalsport Rugby wird langsam "schwarz"Bild: DW

Längst gibt es in dem ehemaligen Schwarzenghetto Soweto Golfplätze und Fußballplätze gibt es sowieso zuhauf. Ein schwarzer Rugbyclub ist dagegen noch ein Novum. Entsprechend schwach ist die Finanzausstattung, die großen Sponsoren unterstützen entweder schwarzen Fußball oder weißen Rugbysport. Doch schlimmer noch wiegt die fortgesetzte politische Marginalisierung. "Bis jetzt gibt es keinerlei Wandel, und ich habe keine Ahnung, wann er denn einmal kommen wird", schimpft Zola Ntlokona, der Manager des Soweto Rugby Clubs. "Wenn Du in diesem Land als Schwarzer in ein Vorstandsbüro kommst, um über Ungleichheiten im Rugby zu sprechen, dann bekommst Du das Gefühl vermittelt, als lebten wir noch immer unter der Apartheid."

Wie schwarz ist der Regenbogen?

Fünfzehn Jahre ist es nun her, dass die Apartheid offiziell beerdigt und die "Regenbogennation" ausgerufen wurde. Fünfzehn Jahre auch, dass die "Springboks", das praktisch rein weiße Rugbyteam der Südafrikaner, die Weltmeisterschaft gewann und sich Nelson Mandela demonstrativ das Trikot der "Böcke" überstreifte, um die Versöhnung von Schwarz und Weiß in die Wege zu leiten.

Strandschild mit der Aufschrift "white area" aus der Zeit der Apartheid in Südafrika (Foto: ap)
Schild aus der Zeit der Apartheid 1976Bild: AP

"Ja, es wandelt sich, aber nicht so schnell wie wir das gerne hätten", konstatiert Zandi Mathlati, eines der Nachwuchstalente des Soweto Rugby Clubs. "Wir werden keine schwarzen Nationalspieler sehen, solange die Verbände keine schwarze Nachwuchsförderung betreiben. In unserem Dachverband gibt es gerade einmal zehn schwarze Mitglieder. Da ist es doch lächerlich, plötzlich Schwarze im Nationalteam zu erwarten". Manager Zola Ntlokona wird noch deutlicher: "Wir behaupten zwar gerne, es gäbe Demokratie und Rugby trüge zur Einheit dieses Landes bei. Aber das ist einfach nicht wahr".

Immer noch "weißer Sport"?

Wie viele seiner Mitspieler kann Zandi Mathlati auf eine Rugby-Familiengeschichte verweisen, das Spiel mit dem ovalen Leder-Ei ist nämlich keineswegs eine rein weiße Domäne: Anfang des 20. Jahrhunderts brachten schwarze Wanderarbeiter den Sport zusammen mit ihrer Arbeitskraft in den Minengürtel um Johannesburg, schon bald gab es ein Dutzend schwarzer Clubs. Erst die Apartheidgesetze und die politische Gewalt Anfang der 90er Jahre machten der Begeisterung ein Ende.

Spieler des Soweto Rugby Clubs (Foto: Schadomsky)
Sie sind stolz auf ihren ClubBild: DW

Dennoch gilt Rugby wie auch Cricket nach wie vor als weißer Sport, entsprechend sind die Kommentare, wenn Zandi anders als seine Freunde die Rugby- und nicht die Fußballstiefel schnürt. "Ich werde oft aufgezogen, aber zum Glück steht meine Familie zu mir", sagt er.

Rugbykarriere trotz rassistischer Skandale

Akzeptanz bei Freunden und der Familie zu gewinnen fällt Zandi und den anderen Spielern umso schwerer, als die weiße Rugby-Szene nach wie vor von Skandalen geschüttelt ist. 2008 musste der Verbandspräsident zugeben, in den Stadien wimmele es von "Rassisten". Zuvor war eine schwarze Besucherin in Johannesburg von einer Gruppe weißer Zuschauer übel beschimpft worden. Der Springbok-Coach musste zurücktreten, weil er die schlimme Beleidigung "Kaffir" benutzt hatte. Und 2007, beim neuerlichen Gewinn der Weltmeisterschaft, waren von den 15 Stammspielern ganze zwei farbig.

Dennoch ist der zehnjährige Xolani heute zum ersten Mal zum Training gekommen. "Ich mag Rugby. Im Fußball kommst Du nicht weit, aber mit Rugby kannst Du richtig Karriere machen", sagt er und würdigt die Fußballspieler auf dem Bolzplatt nebenan keines Blickes.

Autor: Ludger Schadomsky

Redaktion: Klaudia Pape