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Politik

Rumänien: Ermittlungen gegen Korruptionsjägerin

Robert Schwartz
15. Februar 2019

Gegen Laura Kövesi, Ex-Leiterin der rumänischen Antikorruptionsbehörde DNA, ist ein Verfahren wegen "Straftaten im Justizsystem" eingeleitet worden. Nicht nur die Staatsanwältin vermutet dahinter politische Schikanen.

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Rumänien Bukarest - Laura Codruta Kovesi der Antikorruptionsbehörde
Bild: Getty Images/AFP/D. Mihailescu

Laura Kövesi, die geschasste Leiterin der Antikorruptionsbehörde DNA, ist vielen rumänischen Politikern ein Dorn im Auge. Nach ihrer von der sozial-liberalen Regierung betriebenen Absetzung im letzten Jahr wurde eine regelrechte Hexenjagd gegen die gefürchtete Korruptionsjägerin eingeläutet. Jetzt hat der Feldzug gegen Kövesi einen neuen Höhepunkt erreicht: Sie steht als Verdächtige in einem fadenscheinigen Verfahren vor Gericht. Ihr werden Amtsmissbrauch, Bestechungsannahme und Falschangaben vorgeworfen. 

In Rumänien erfreut sich Kövesi einer breiten Unterstützung durch die Zivilgesellschaft und eine große Mehrheit der Richter und Staatsanwälte. Auch Präsident Klaus Iohannis hat ihre Arbeit mehrmals öffentlich geschätzt. In der Europäischen Union genießt Kövesi als kompetente und mutige Staatsanwältin ein hohes Ansehen. Deshalb gilt sie als aussichtsreichste Kandidatin für den Job als neue EU-Generalstaatsanwältin. Der Zeitpunkt ihrer Vorladung an diesem Freitag vor der erst jüngst gegründeten rumänischen Sonderabteilung für Straftaten im Justizsystem lässt nicht nur Kövesi vermuten, dass es sich um eine klare Schikane handelt. Am selben Tag hätte sie sich in Brüssel im Bewerbungsverfahren zum europäischen Staatsanwalt vorstellen sollen.

Selbst für den ehemaligen Premierminister und Ex-Chef der regierenden Sozialdemokraten (PSD), Victor Ponta, einem erklärten Feind der Staatsanwältin, ist das Vorgehen nicht zufällig. "Der Zufall ist das Werk Gottes", antwortete er spöttisch auf die Frage eines Journalisten über ihre Vorladung just an diesem Tag. Ponta ist einer der Zeugen in dem Verfahren.

Angriffe gegen die unabhängige Justiz 

Der "Fall Kövesi" sieht wie eine großangelegte Verschwörung aus. Die gegen sie erhobenen "Vorwürfe" basieren auf einer Strafanzeige, die im Dezember letzten Jahres von Sebastian Ghita, einem ehemaligen PSD-Abgeordneten, erstattet wurde. Er behauptet, Kövesi habe ihn vor gut zehn Jahren genötigt, die Flugkosten für die Rückführung eines flüchtigen rumänischen Straftäters aus Indonesien zu bezahlen. Kövesi war damals Generalstaatsanwältin. Das sei ein klarer Fall von Amtsmissbrauch und Bestechungsannahme gewesen, so Ghita. Seine jetzt erneut hervorgebrachten Vorwürfe waren bereits vor zwei Jahren von den Justizbehörden widerlegt worden. Die rumänische Polizei hatte offiziell erklärt, die Gesamtkosten für das Charterflugzeug übernommen zu haben. Gegen Ghita selbst laufen mehrere Verfahren wegen Korruption. Er ist  2017 untergetaucht und hat nach eigenen Angaben im benachbarten Serbien politisches Asyl erhalten.

Rumänien | Mitglieder des Deutschen Bundestages in Bukarest
Gunther Krichbaum: "Politisch motiviertes Vorgehen" gegen Kövesi Bild: DW/C. Ștefănescu

Treibende Kraft hinter der Kampagne gegen Kövesi ist offensichtlich Liviu Dragnea, PSD-Chef und Parlamentspräsident. Er selbst durfte aufgrund einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs und Wahlbetrugs nicht Ministerpräsident werden, kontrolliert aber die Regierung. Die von ihm und seinem Gefolge angestrebten und zum Teil umgesetzten Änderungen der Justizgesetze sehen unter anderem vor, dass die Antikorruptionsbehörde künftig nicht mehr gegen Verwaltungsbeamte ermitteln kann. Die Kontrolle des Justizministeriums über die Staatsanwälte wurde ausgeweitet. Die kontinuierlichen Angriffe gegen die unabhängige Justiz und den Rechtsstaat werden nicht nur von Zivilgesellschaft und Opposition in Rumänien, sondern auch vom Europaparlament und der EU-Kommission heftig kritisiert.

Kritik aus Deutschland 

Auch in Deutschland stoßen die Ermittlungen gegen Laura Kövesi auf Kritik. Gunther Krichbaum, Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag, spricht in einem Brief an EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans von einem "politisch motivierten" Vorgehen. Damit, so Krichbaum, soll Kövesis "erfolgversprechende Kandidatur für das Amt der Europäischen Generalstaatsanwältin torpediert werden". Der CDU-Politiker wirft in seinem Schreiben, das auch der DW vorliegt, die Frage auf, welche weiteren Schritte zur Demontage des Rechtsstaats seitens der rumänischen Regierung noch abgewartet werden sollten, ehe die Kommission ein EU-Verfahren nach Artikel 7 einleitet. Krichbaums Kritik ist besonders brisant, da Rumänien zurzeit den EU-Ratsvorsitz innehat.

Nach der Anhörung an diesem Freitag gab sich Kövesi zuversichtlich. Obwohl die Ermittlungen gegen sie ihre Bewerbung beeinträchtigen könnten, wolle sie sich weiterhin um den Job in Brüssel bewerben, sagte sie. Am 26. Februar werde sie im Europaparlament erwartet. Ein Ausreiseverbot gegen sie wurde noch nicht verhängt. In Bukarest und weiteren rumänischen Großstädten, aber auch im Ausland sind große Protestaktionen zur Unterstützung Kövesis angekündigt.