1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Rund 100.000 Deutsche betroffen"

Chase Winter sth
29. Januar 2017

Das US-Einreiseverbot trifft auch Politiker - wie den Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour, der auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzt. Die USA solle man trotzdem nicht meiden, sagt er der DW.

https://p.dw.com/p/2WbCJ
USA Tausende demonstrieren an US-Flughäfen gegen Trumps Einreisebann
Bild: picture alliance/AP Photo/C. Ruttle

Deutsche Welle: Menschen aus Syrien, Libyen, Somalia, dem Irak, dem Sudan und dem Iran können ab sofort nicht mehr in die USA einreisen. Herr Nouripour, Sie besitzen neben der deutschen auch die iranische Staatsangehörigkeit und sind somit auch von dieser Regelung betroffen. Sind Sie ein Beispiel dafür, wie ungerecht diese Vorgabe ist? 

Omid Nouripour: Mein Fall ist sicherlich nicht der Wichtigste, aber ein gutes Beispiel, worum es eigentlich geht. Es geht nicht um Sicherheit, sondern um schmutzige Symbolpolitik, die unsere Gesellschaften vergiftet. Menschen aus den besagten sieben Ländern sollen als Bedrohung empfunden werden. Wenn sie über Sicherheit sprechen wollen, dann sollten Sie über die Länder sprechen, die in die Terroranschläge vom 11. September verwickelt waren.

Ich bin sehr stolz auf die vielen Menschen, die an den US-Flughäfen protestiert haben. Auch die Juristen, die sich zur Zeit dort freiwillig engagieren, haben viel erreicht. Diese Menschen sind der beste Grund zu sagen: Egal, was die Regierung noch vorhat - Ich werde die Vereinigten Staaten immer lieben. Ich bin ein überzeugter Fan der transatlantischen Beziehungen. Ich habe mittlerweile 40 Staaten besucht; bin Vizechef der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe.

Omid Nouripour Bündnis 90/Die Grünen MdB
Omid Nouripour, außenpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die GrünenBild: picture-alliance/dpa

Es ist einfach lächerlich, ein generelles Einreiseverbot auszusprechen. Schauen Sie sich meinen Sohn an. Er ist jetzt sieben Jahre alt, wurde in Berlin geboren, hat eine deutsche Mutter - und hat mit dem Iran nichts zu tun. Dennoch kann er zur  Zeit nicht in die USA reisen. Warum? Weil er eine Bedrohung ist? Noch ist es kein generelles Einreiseverbot für Muslime, aber es könnte sich in diese Richtung entwickeln. Deshalb ist es so wichtig, die Leute zu unterstützen, die das verhindern wollen.

Was erwarten Sie von der Bundesregierung?

Geschätzt sind mehr als 100.000 Menschen in Deutschland von dieser Regelung betroffen, weil sie zwei Staatsangehörigkeiten haben. Es gibt alleine 70.000 Iraner mit doppelter Staatsangehörigkeit. Ich möchte, dass die Bundesregierung sich zumindest für diese Leute und ihre Interessen einsetzt. Ich selber habe zwar einen Diplomatenpass, aber das heißt nicht, dass ich Diplomaten-Status habe und einreisen dürfte.

Was können Deutschland und Europa denn jetzt wirklich machen?

Das Beste wäre, wenn die Europäer jetzt zusammen halten würden. Aber das wird nicht passieren. So hat zum Beispiel der tschechische Präsident Zeman bereits gesagt, dass er das Einreiseverbot von Trump unterstützen möchte und in ihm einen Verbündeten im Kampf gegen die Flüchtlingspolitik der EU sieht.

Deutschland sollte sich aber jetzt zumindest um die deutschen  Einwohner kümmern, die daran gehindert werden, sich frei zu bewegen. Heute sollte der Trump-Regierung laut und deutlich gesagt werden: Das ist kein guter Start. Viele Freunde und Kollegen haben mir bereits einen Solidaritätsbrief geschrieben. Sie haben mir gesagt, dass sie aus Solidarität nicht in die USA reisen wollen. Ich glaube, dass das völlig falsch ist. Sie müssen jetzt ihre Solidarität mit der Bewegung in den USA zeigen. Gehen Sie hin! Sprechen Sie mit den Menschen!

Das Ziel ist es, die Gesellschaft zu vergiften. Das wird zumindest der Effekt dieser Aktion sein. Die Botschaft an junge Muslime in der ganzen Welt lautet: Die westlichen Gesellschaften wollen euch nicht.

Glauben Sie, dass diese Regelung die Islamisten stärken wird?

Absolut. Ich würde Geld darauf verwetten, dass man in einigen Tagen Videos, in denen Fünfjährige von ihren Müttern getrennt wurden, auf Dschihadisten-Plattformen finden wird.

Omid Nouripour ist Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen und außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Er besitzt neben der deutschen auch die iranische Staatsangehörigkeit. Er ist Vizechef der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe.

Das Interview führte Chase Winter.