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Russische Experten halten Wahl Medwedjews für sicher

13. Dezember 2007

Die „Operation Nachfolger“, so bezeichnen viele in Russland die Vorbereitungen des Kreml auf die Präsidentenwahl, ist wohl in ihre Schlussphase getreten. Russische Experten bewerten Putins Entscheidung für Medwedjew.

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"Kandidat mit Potential": Dimitrij MedwedjewBild: AP

Unter den zuvor gehandelten möglichen Kandidaten für das höchste Staatsmacht hat Wladimir Putin Dmitrij Medwedjew auserkoren. Er gehörte zu den ersten, die in den Kreis der möglichen Nachfolger des jetzigen Präsidenten Russlands geriet. Aber der endgültige Beschluss sei erst jetzt gefallen, sagt im Gespräch mit der Deutschen Welle der Leiter der Forschungsabteilung der Gesellschaft für politische Beratung Nikkolo-M, Stanislaw Radkewitsch: „Putin hat alle Möglichkeiten bis zuletzt ausgewogen. Ich denke, der Beschluss wurde erst im vergangenen Monat gefasst.“

Aber nicht alle Beobachter sind der Meinung, dass Putin spontan entschieden hat. Marija Gajdar, führendes Mitglied der Partei Union Rechter Kräfte (SPS), ist beispielsweise überzeugt, dass im Kreml längst ein Drehbuch vorlag und dieses nur jetzt umgesetzt wird. Alles sei vorab verabredet gewesen, sagte sie der Deutschen Welle. Zugleich schließt sie nicht aus, dass Konflikte zwischen den Klans zu Kurskorrekturen geführt haben könnten. Die Gruppe um Wladislaw Surkow und Wiktor Tscherkesow sowie andere hätten ihre Position stärken können, nachdem die Position ihres „Geschöpfs“, der Partei Einiges Russland, jetzt gestärkt worden sei.

Medwedjews Potential umstritten

Medwedjew wird von Politikern und Politologen unterschiedlich bewertet. Stanislaw Radkewitsch meint zum Beispiel, dass sich Medwedjew von Putin positiv unterscheide, allein schon deswegen, weil er aus einer intelligenten Familie stamme: „Er ist der Sohn eines Professors und nicht eines Arbeiters.“ Nach Ansicht des Leiters der Forschungsabteilung der Gesellschaft für politische Beratung Nikkolo-M hat Medwedjew eine andere Weltanschauung. Er habe einen anderen Horizont – einen breiteren als Putin. Der Experte betonte, der Kandidat habe gutes Potential. Er dürfe nur nicht in irgendwelche „totalitären Verirrungen“ abgleiten.

Marija Gajdar kann zwischen Putin und Medwedjew keine prinzipiellen Unterschiede erkennen. Medwedjew sei eine ebenso uneindeutige Figur wie Putin. Das etwas verschwommene politische Potential Medwedjews ist Gajdar zufolge die größte Gefahr: „Das alles hat keine Bedeutung, denn unter den heutigen politischen Bedingungen werden alle nur seine endlosen Qualitäten an die große Glocke hängen und ihn letztendlich zum Präsidenten machen.“

Machtkampf nach der Wahl erwartet

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent werde, so Experten, im Jahr 2008 Dmitrij Medwedjew die Führung in Russland übernehmen. Damit erhalte das Land aber auch eine Chance. Stanislaw Radkewitsch von der Gesellschaft Nikkolo-M sagte, der Nachfolger könnte zwar den politischen Kurs unverändert lassen, aber seinen Vorgänger durchaus außer Bord lassen. „In Russland ist es schon Tradition, dass derjenige, der Präsident wird, in erster Linie versucht, sich des Einflusses derjenigen zu entledigen, die ihm geholfen haben“, sagte der Experte.

Anfangs müssten allerdings gewisse Formalitäten befolgt werden. Medwedjew wurde als Kandidat von den Parteien Einiges Russland, Gerechtes Russland, Bürgerkraft und der Agrarpartei Russland vorgestellt. Aber gleich nach der Nachricht, Medwedjew werde von vier Parteien und dem Präsidenten unterstützt, wurde bekannt, dass dies nicht im Einklang mit den Gesetzen stehe. Das Mitglied der Zentralen Wahlkommission Igor Borisow erklärte, ein Kandidat könne nur von einer Partei aufgestellt werden, und nicht von vier. Die offizielle Nominierung Medwedjews als Präsidentschaftskandidat ist für den 17. Dezember auf dem Kongress der Partei Einiges Russland geplant.

Jegor Winogradow, DW-Russisch