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Russland: Bürgerrechtler kritisieren Wahlkommission

7. Februar 2008

In Russland herrscht Präsidentschaftswahlkampf. Bürgerrechtler meinen, die Wahlkommission sei nicht neutral, weder bei der Kandidatenzulassung noch im Wahlkampf. Ein unzulängliches Wahlgesetz sei mit daran schuld.

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Wahlplakat in MoskauBild: AP

Kaum hat in Russland der Präsidentschafts-Wahlkampf begonnen, sprechen Bürgerrechtler bereits von Verstößen. Der Verband zum Schutz der Rechte der Wähler, "Golos" (Stimme), beobachtete in den letzten Wochen genau, wie sich die potentiellen Präsidentschaftskandidaten um eine Zulassung bei der Zentralen Wahlkommission bemühten. Und aufgrund der Ergebnisse, die während dieser Studie zusammengetragen wurden, erklärte nun die Leiterin des Verbandes "Golos", Lilija Schibanowa, das Gesetz über die Wahl des Präsidenten sei unzulänglich.

"Hier wiederholen sich die selben Probleme, die auch im Grundgesetz enthalten sind, was die Garantien der Rechte der Wähler betrifft", erläuterte Schabanowa. "Aber hier kommen noch Probleme hinzu, die sich auf Verstöße gegen die Rechte der Kandidaten beziehen, die von Parteien aufgestellt werden, die nicht in der Staatsduma vertreten sind. Es stellte sich heraus, dass es unmöglich ist, auf der Grundlage von Unterschriftensammlungen eine Zulassung zu erhalten. Erschwert wird dies auch noch dadurch, dass eine Kandidatenzulassung auf Kautionsbasis nicht möglich ist."

Fall Kasjanow als Beispiel

Die Ablehnung der Kandidatenzulassung für Michail Kasjanow kritisieren die Bürgerrechtler. Der Experte der Organisation "Golos", Andrej Busin, sagte, ohne einen politischen Auftrag aus dem Kreml hätte es fünf Präsidentschaftskandidaten gegeben, unter denen auch Kasjanow gewesen wäre. Busin zufolge wurden bei Kasjanow nur etwa 200 der insgesamt 80.000 beanstandeten Unterschriften als gefälscht eingestuft. Die restlichen seien in die sogenannte Kategorie "ungültig" gekommen.

"Beispielsweise vergaß der Notar in Karatschajewo-Tscherkessien, die Liste zu unterschreiben, und deshalb wurde gleich die ganze Liste für ungültig erklärt", sagte Busin. In anderen Fällen hätten gewisse Experten festgestellt, dass das Datum in den Unterschriftenlisten nicht von denjenigen eingetragen worden sei, die ihre Unterschrift auf die Liste gesetzt hätten. "Wenn es solche Regelungen nicht geben würde, dann hätte man nicht mehr als fünf Prozent der Unterschriften für ungültig erklären können, dann hätte man Kasjanow als Kandidaten zur Wahl zulassen müssen", so Busin.

Am 5. Februar hatte das Oberste Gericht Russlands die Beschwerde von Michail Kasjanow gegen die Ablehnung seiner Kandidatur geprüft. Der ehemalige Premier hatte gefordert, den entsprechenden Beschluss der Wahlkommission aufzuheben. Kasjanow selbst erschien vor Gericht nicht, denn er war sich sicher, dass das Gericht seiner Beschwerde nicht stattgeben würde, eben aus politischen Motiven. Kasjanows Anhänger in der Volksdemokratischen Partei schließen jetzt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht aus.

Administrative Ressourcen

Die Beanstandungen der Menschenrechtler beschränken sich aber nicht nur auf das Zulassungsverfahren der Kandidaten. Die Expertin der Organisation "Golos", Aleksandra Kynewa, bewertet die Arbeit der Zentralen Wahlkommission auch während des Wahlkampfes als negativ. Die Kommission habe weniger als einen Monat vor dem Wahltag damit begonnen, ihre Aufgaben während des Wahlkampfes wahrzunehmen. Das sei viel zu spät.

Und anstatt ihrer Pflicht nachzukommen, die Bürger zu informieren, beteilige sich die Wahlkommission am Wahlkampf, kritisierte Kynewa. "Wenn man sich den Inhalt der Plakate anschaut, dann wird in Wirklichkeit dazu aufgefordert, die jetzige Staatsmacht zu unterstützen", sagte sie und fügte hinzu: "Das heißt, dass die Plakate der Wahlkommission ideologischen und keinen informativen Charakter haben." Die administrativen Ressourcen kommen nach Meinung der Vertreter der Organisation "Golos" auch bei diesen Wahlen wieder zum Einsatz.

Jegor Winogradow, DW-Russisch