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Russland ernst nehmen

Christoph Hasselbach8. Dezember 2007

Zwischen der NATO und Russland sind die Fronten verhärtet. Weder in der Kosovo-Frage noch im Abrüstungs-Streit war bei den Beratungen der Außenminister eine Annäherung in Sicht. Christoph Hasselbach kommentiert.

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Christoph Hasselbach
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Das Wetter war stürmisch in Brüssel, und so sind auch im Moment die Beziehungen zwischen der NATO und Russland. Vorläufiger Höhepunkt ist die Suspendierung des KSE-Vertrags durch Moskau. Offizieller Grund: die NATO habe den 1999 angepassten Vertrag im Gegensatz zu Russland nach wie vor nicht ratifiziert.

Die NATO-Staaten wollen das erst tun, wenn alle russischen Truppen aus Georgien und Moldawien-Transnistrien abgezogen sind. Es gibt allerdings in diesem angepassten KSE-Vertrag juristisch keine Verbindung zwischen den beiden Punkten. Die NATO hat sie einseitig gezogen, vor allem, um gegen den von Moskau geführten zweiten Tschetschenienkrieg zu protestieren.

Geringe militärische Bedeutung

Muss man sich jetzt in Europa Sorgen machen? Militärisch hat die Vereinbarung nicht mehr die Bedeutung, die sie anfangs hatte. Im Zeitalter von Spionagesatelliten ist man zur Erkennung von Truppenbewegungen kaum noch auf gegenseitigen Datenaustausch angewiesen. Auch kann man davon ausgehen, dass sich Russland trotz aller Rhetorik nicht wirklich von der NATO bedroht fühlt. Es geht demnach weniger um die militärische als um die symbolische Seite.

Wenn es etwas gibt, was sich durch sämtliche Äußerungen Präsident Putins zieht, was sich in Wahlergebnissen zeigt, auch wenn sie nicht immer ganz demokratisch erzielt werden, dann ist es die Sehnsucht Russlands, endlich wieder als Großmacht ernst genommen zu werden. Die wirtschaftlichen Grundlagen sind heute vorhanden.

Sehnsucht nach Anerkennung

Die NATO hat es eben nicht mehr mit einer zerfallenden Sowjetunion zu tun wie 1990, als der KSE-Vertrag unterzeichnet wurde, und auch nicht mit dem bankrotten Russland unter Präsident Jelzin wie 1999. Damals wurde der Vertrag angepasst, weil es die Sowjetunion und den Warschauer Pakt nicht mehr gab, die NATO sich im Gegenzug aber erweiterte.

Die NATO muss diese Sehnsucht nach Anerkennung ernst nehmen, ernster als es die Amerikaner tun, die in kleinlicher Weise auf die Erfüllung einseitiger Forderungen pochen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat Recht, wenn er meint, gerade Deutschland habe durch die Überwindung der Teilung ein politisches Potenzial der Kooperation mit Russland. Er selbst sagt, das Potential sei bisher nicht hinreichend ausgeschöpft. Die Bundesregierung ist gefragt, es jetzt zu nutzen.