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Moskau macht Druck

31. März 2008

Kurz vor dem NATO-Gipfel kritisiert Moskau erneut Pläne zur Aufnahme von Georgien und der Ukraine. Auch Deutschland ist dagegen. Die geplante US-Raketenabwehr in Osteuropa sorgt ebenfalls für Unfrieden mit Moskau.

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Der Gipfel in Bukarest verspricht spannend zu werden: Ein Plakat wirbt vor einer Konzerthalle für das NATO-Treffen (Foto: AP)
Der Gipfel in Bukarest verspricht spannend zu werdenBild: AP

Russland hat den Ton gegenüber Georgien und der Ukraine kurz vor dem NATO-Gipfel vom 2. bis zum 4. April in Bukarest verschärft. Die NATO-Beitrittspläne der Regierungen in Tiflis und Kiew seien "unverschämt", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow der Moskauer Zeitung "Iswestija" am Montag (31.3.2008). "Bekanntlich ist die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Ukraine dagegen, aber das ignoriert die Führung in Kiew", kritisierte Lawrow. Sollte die NATO in der rumänischen Hauptstadt eine Aufnahme der beiden ehemaligen Sowjetrepubliken beschließen, werde dies "wesentliche negative geopolitische Veränderungen" bringen.

Moskau kündigt "diplomatische Offensive" an

Kritik übte Lawrow besonders an den USA: "Washington dringt mehr und mehr aktiv in den postsowjetischen Raum ein." Auf diese Politik wolle Moskau mit einer diplomatischen Offensive antworten, kündigte der Minister an.

Georgien kritisiert deutsches Nein

Georgiens Präsident Michail Saakaschwili hat hingegen den Widerstand Deutschlands und Frankreichs gegen eine schnelle Mitgliedschaft seines Landes in dem Militärbündnis kritisiert. Diese Länder seien "sehr konservativ und nicht sehr offen für Neues", sagte Saakaschwili in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Moskauer Zeitung "Kommersant". Zugleich war er überzeugt, dass die Ex-Sowjetrepublik auf dem Gipfel in Bukarest in den Fahrplan für die spätere Mitgliedschaft im Militärbündnis aufgenommen werde. Die USA und eine ganze Reihe anderer Staaten unterstützten die Pläne mit "großem Enthusiasmus", sagte Saakaschwili.

"Es gibt keine praktischen Einwände gegen eine Mitgliedschaft Georgiens in der Allianz", sagte Saakaschwili. Auch die Konflikte um die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien seien kein Hinderungsgrund, wie etwa Deutschland meine. Die Bundesregierung bekräftigte am Montag nochmals ihren Standpunkt.

US-Raketenabwehr in Osteuropa von Moskau unerwünscht

Ein weiterer Streitpunkt des bevorstehenden NATO-Gipfels sind ist die Stationierung von Teilen der umstrittenen US-Raketenabwehr in Tschechien. Nach Angaben aus Prag sind die Verhandlungen darüber so gut wie abgeschlossen. Auch aus Polen, wo ebenfalls Komponenten des Systems aufgestellt werden sollen, gab es Berichte über eine Einigung.

"Nichts hindert uns daran, potenziell beim NATO-Gipfel in Bukarest zu erklären, dass die Möglichkeit zur Unterzeichnung (eines Vertrags) besteht", sagte der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek in einem Interview mit der Tageszeitung "Hospodarske noviny" vom Montag. Im böhmischen Brdy soll eine Radaranlage für das Projekt gebaut werden.

Verhandlungen zwischen Polen und den USA dauern an

In Polen soll nach Angaben der Zeitung "Gazeta Wyborcza" ebenfalls eine Entscheidung für eine Stationierung von Abwehrraketen gefallen sein. Das polnische Außenministerium dementierte den Bericht allerdings umgehend. Die Verhandlungen dauerten an, sagte Außenamtssprecher Piotr Paszkowski dem Rundfunksender IAR. Russland lehnt den geplanten Raketenschild strikt ab. Die NATO will bei ihrem Gipfel über das Projekt diskutieren.

US-Pläne für Polen und Tschechien

Die Vereinigten Staaten wollen in Polen zehn Abwehrraketen - zum Beispiel gegen potenzielle Angriffe etwa aus dem Iran - aufstellen. Die Vorgängerregierung in Polen unter Jaroslaw Kaczynski wollte das amerikanische Projekt schnell umsetzen, um das polnisch-amerikanische Bündnis zu stärken. Der liberale Ministerpräsident Donald Tusk forderte als Gegenleistung für eine Zustimmung amerikanische Militärhilfe in Milliardenhöhe, unter anderem zur Modernisierung der polnischen Luftabwehr.

In Tschechien soll eine Radaranlage entstehen. Hier sollen auch Parlament und Senat über das Vertragswerk abstimmen. Wegen der knappen Machtverhältnisse gilt eine Mehrheit für das Vorhaben aber als nicht gesichert. Die mitregierenden Grünen fordern eine engere Einbindung der Pläne in die NATO-Strukturen. In Umfragen sprechen sich zwei von drei Tschechen gegen das Projekt aus. (kap)

Der russische Chefdiplomat Lawrow benutzt deutliche Worte (Foto: AP)
Der russische Chefdiplomat Lawrow benutzt deutliche WorteBild: AP