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Russland sucht Chodorkowski wegen Mordes

11. Dezember 2015

Am Mittwoch hatte der Kremlkritiker Chodorkowski Staatchef Putin einen Verfassungsbruch vorgeworfen und zur Revolution in Russland aufgerufen. Nun kommt die Retourkutsche der Justiz. Sie beschuldigt ihn des Mordes.

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Michail Chodorkowski in DW-Interview mit Zhanna Nemzowa (Foto: DW)
Bild: DW

Die Ermittlungsbehörde in Moskau wirft dem im Exil lebenden Ex-Ölmanager Michail Chodorkowski nun offiziell vor, 1998 die Tötung des Bürgermeisters der sibirischen Stadt Neftejugansk organisiert zu haben. Eine Vorladung der Ermittler in Moskau hatte der prominente Kremlkritiker ignoriert.

Chodorkowskis Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur Interfax, er halte die Anschuldigungen für eine "Farce". Nach Bekanntwerden der Ermittlungen hatte Chodorkowski die Vorwürfe bereits als "politisch motiviert" bezeichnet. Es sei "eine alte Tradition russischer Regierungen", gegen Oppositionelle "alte Fälle hervorzuholen", sagte der 52-Jährige. Präsident Wladimir Putin habe die neue Untersuchung persönlich angeordnet.

Alter Fall neu aufgerollt

Der Fall um den erschossenen Bürgermeister Wladimir Petuchow galt eigentlich bereits als abgeschlossen. Petuchow soll sich damals mit Yukos über Steuerzahlungen gestritten haben. Neftejugansk galt als wichtiger Standort des Konzerns. Der Fall war im Juni überraschend wieder aufgenommen worden. Nun gebe es neue Beweise gegen Chodorkowski, sagte Wladimir Markin von der Ermittlungsbehörde. Zudem werde Chodorkowski vorgeworfen, 1999 einen Anschlag auf einen Manager eines Öl-Unternehmens in Auftrag gegeben zu haben. Dabei war ein Sicherheitsmann getötet worden. Chodorkowski werde zur Fahndung ausgeschrieben, sagte Markin.

Am Mittwoch hatte Chodorkowski vor der Presse in London einen spektakulären Auftritt hingelegt. "Russland hat einen verfassungswidrigen Staatsstreich erlebt: Illegitime und freiheitsfeindliche Gesetze wurden von einem illegitimen Parlament beschlossen, sie werden angewandt von einer illegitimen Regierung und einer Justiz, die nicht unabhängig ist", sagte Chodorkowski.

"Es bedarf einer Revolution"

"Um zum Rechtsstaat zurückzukehren, bedarf es einer Revolution", betonte der frühere Oligarch. Diese Revolution könne friedlich sein. "Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass sie es ist." Er werde alles dafür tun, damit der Rechtsstaat wiederhergestellt werde und Putin sich für seine Taten vor einem unabhängigen Gericht verantworten müsse, erklärte der einstige Ölmagnat. Obwohl ihn die Politik "nicht interessiert", könne er "nicht tatenlos bleiben".

Journal Interview - Mit Michail Chodorkowski, Kremlkritiker

Daraufhin erklärte die Generalstaatsanwaltschaft in Moskau am Donnerstag, sie ermittle wegen mutmaßlicher extremistischer Äußerungen gegen Chodorkowski. Dieser habe öffentlich zu einer Revolution in Russland aufgerufen.

Der frühere Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos war 2003 festgenommen worden und wegen Betrugs und Steuerhinterziehung jahrelang inhaftiert worden. Kurz vor den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi Anfang 2014 wurde Chodorkowski überraschend per Präsidentenerlass begnadigt und ging ins Exil in die Schweiz.

kle/se (dpa, ape, afp)