1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

NATO-Beitritt: Russland warnt Finnland und Schweden

15. Mai 2022

In Finnland und Schweden haben die Parlamente mit Beratungen über den geplanten Nato-Beitritt der beiden Länder begonnen. Russland kritisierte die Bestrebungen beider Länder erneut scharf.

https://p.dw.com/p/4BKSi
Russland | Vize-Außenminister Sergej Rjabkow
Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow warnte Finnland und Schweden vor einem NATO-BeitrittBild: Eloi Rouyer/AFP/Getty Images

Der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow (Artikelbild) bezeichnete den NATO-Beitrittsbestrebungen von Finnland und Schweden als einen "weiteren schweren Fehler". Russlands Reaktion werde "von den praktischen Konsequenzen des Beitritts" der beiden Länder zur NATO abhängen, sagte Rjabkow laut russischen Nachrichtenagenturen.. "Für uns ist klar, dass die Sicherheit Schwedens und Finnlands durch diese Entscheidung nicht gestärkt wird", betonte der russische Vize-Außenminister.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will Finnlands Regierung einen Antrag für einen NATO-Beitritt stellen. Die Zustimmung des finnischen Parlaments steht noch aus, eine Mehrheit gilt aber als sicher. Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin kündigten den Antrag in Helsinki an.

"Unser Sicherheitsumfeld hat sich grundlegend verändert", sagte Marin am Montagmorgen zu Beginn der Parlamentssitzung in Helsinki. "Das einzige Land, das die europäische Sicherheit bedroht und jetzt offen einen Angriffskrieg führt, ist Russland." Nach Angaben von Parlamentspräsident Matti Vanhanen waren 150 Wortmeldungen geplant, daher sei am Montag noch nicht mit einer Abstimmung zu rechnen.

Schwedens Regierungspartei sagt Ja

Auch im ebenfalls bisher bündnisfreien Schweden wird über einen NATO-Beitritt diskutiert. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson stimmten am Sonntag für ein NATO-Beitrittsgesuch. Andersson führt eine Minderheitsregierung an, an der nur ihre Partei beteiligt ist. In Schweden und Finnland kommen am Montag die jeweiligen Parlamente zu Debatten über einen NATO-Beitritt der beiden skandinavischen Länder zusammen.

Deutschland | NATO Außenministertreffen in Berlin | Mevlüt Cavusoglu
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu fühlt sich von den Schweden provoziertBild: Michael Sohn/AP Photo/picture alliance

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet keine Verzögerung eines Beitritts von Finnland und Schweden durch die Einwände der Türkei. Die Türkei habe klargemacht, dass sie einen Beitritt nicht blockieren wolle, sagte Stoltenberg zum Abschluss des NATO-Außenministertreffens in Berlin. "Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir auf die Einwände, die von der Türkei geäußert wurden, so eingehen können, dass sie den Beitrittsprozess nicht verzögern werden", sagte Stoltenberg, der wegen einer Corona-Infektion nur per Videokonferenz teilnahm.

Türkischer Außenminister: Schweden provoziert

Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu lobte in Berlin die versöhnliche Haltung Finnlands, kritisierte aber Schweden für "provokative" Äußerungen während der Gespräche in Berlin. "Die Äußerungen der schwedischen Außenministerin sind leider nicht konstruktiv. Sie macht weiterhin provokative Bemerkungen", sagte Cavusoglu vor Reportern. Der Minister schlug einen versöhnlicheren Ton gegenüber Finnland an, das er angesichts der "Bedenken" Ankaras als "sehr respektvoll" bezeichnete. "Aber wir sehen nicht dasselbe in Schweden", betonte er.

Ludwig Erhard Gipfel 2022 auf Gut Kaltenbrunn am Tegernsee | Manfred Weber, CSU
Der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber warnte die Türkei (Archivbild)Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte die beiden Länder. Sie dienten als "sichere Häfen für Terroristen der PKK", der Arbeiterpartei Kurdistans, obwohl sie die Türkei, die Europäische Union und die Vereinigten Staaten auf der schwarzen Liste terroristischer Organisationen führten.

Weber warnt die Türkei

Zuvor hatte der Vorsitzende der Christdemokraten im Europäischen Parlament, Manfred Weber, die Türkei vor einer Blockade der NATO-Aufnahme Finnlands und Schwedens gewarnt. "Jeder, der die Geschlossenheit der NATO infrage stellt, wird sich innerhalb der Gemeinschaft isolieren", sagt Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Es muss deshalb alles getan werden, um etwaige Skeptiker zu überzeugen. Die Gespräche untereinander müssen jetzt im Mittelpunkt stehen."

Unter den NATO-Partnern sorgten die indirekten Vetodrohungen der Türkei für erheblichen Unmut. Deutschland und die meisten anderen Alliierten begrüßen es, dass Finnland und Schweden in Reaktion auf Russlands Angriff auf die Ukraine mit Vorbereitungen für einen NATO-Beitritt begonnen haben. Ihre Aufnahme würde die NATO als Verteidigungs-, aber auch als Wertebündnis stärken, betonte Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock.

Endgültige Einigung in Washington?

Der finnische Außenminister Pekka Haavisto gab sich optimistisch: "Ich bin mir sicher, dass wir für diese Sache eine Lösung finden werden." Er räumte allerdings ein, dass es noch etwas dauern könne. In NATO-Kreisen wird es für denkbar gehalten, dass es nach Gesprächen des türkischen Außenministers in Washington einen Durchbruch geben könnte. Diese sind für Mitte der Woche geplant.

Berlin | Treffen der NATO-Außenminister
Der stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoana (Mitte) zeigte sich trotz der türkischen Einwände zuversichtlichBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Der stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoana zeigte sich trotz der türkischen Einwände zuversichtlich, dass Schweden und Finnland in die NATO aufgenommen werden. Sollten die beiden Länder in den nächsten Tagen eine Mitgliedschaft beantragen, gehe er davon aus, "dass wir sie willkommen heißen können und dass alle Bedingungen für eine Mitgliedschaft erfüllt werden".

Asselborn: "Politik ist manchmal auch Theatralik"

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn erwartete ebenfalls eine Einigung. "Politik ist manchmal auch Theatralik und manchmal ist es wie im Basar, dass man verhandeln muss bis zum Schluss", sagte er. Am Ende werde es aber gehen.

nob/haz/ww (rtr, dpa)