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Generalvorschau WM

11. Juni 2010

Ke nako! Die Zeit ist reif für die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden. Vom 11. Juni bis 11. Juli sind die besten Spieler der Welt von Lionel Messi bis Kaka zu Gast in Südafrika.

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Der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela mit der WM-Trophäe. (Foto: AP)
Bild: AP
Kapstadt mit Tafelberg und Greenpoint-Stadion (Foto: dpa)
Südafrika hat viele ReizeBild: picture alliance / dpa

"Es wird eine einzigartige afrikanische WM", versichert Marthinus van Schalkwyk, Tourismusminister von Südafrika. Das Land richtet unter dem Motto "Ke nako - Es ist an der Zeit" die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent aus. Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu hofft, dass die Begeisterung der WM zur Versöhnung der tief gespaltenen Gesellschaft Südafrikas beitragen werde. Und Präsident Jacob Zuma setzt 16 Jahre nach dem Ende der Apartheid auf die Chance Südafrikas, "zur Lokomotive des Wandels und der Entwicklung in Afrika" zu werden. Rainer Zobel, deutscher Trainer des Proficlubs Moroka Swallows aus Soweto, sieht eine "etwas andere, vor allem bunte und laute WM." Rund um die Stadien erwartet der frühere Profi des FC Bayern München tanzende Fans aus Afrika: "Sowie Musik erklingt, sind die Leute in Bewegung, manchmal mehr als die Spieler auf dem Platz." Die WM dürfte auch vom ohrenbetäubenden Sound der Plastiktröten geprägt sein. "Die Vuvuzelas gehören zu diesem Land. Mich nervt auch manchmal beim Spiel, wenn fünf Meter hinter mir 90 Minuten lang gehupt wird. Aber es gehört einfach dazu", betont Rainer Dinckelacker, deutscher Torwarttrainer beim populären südafrikanischen Club Kaizer Chiefs.

Safaris, Fußball und Barbecue

Fans mit Vuvuzelas
Fans mit VuvuzelasBild: CC/Coca-Cola South Africa

Die südafrikanischen Gastgeber hoffen auf bis zu 350.000 WM-Touristen, darunter 10.000 Deutsche. Ihnen verspricht Minister van Schalkwyk beeindruckende Erlebnisse. "Die Leute können nach dem Frühstück Nashörner, Elefanten, Löwen und Kudus sehen. Dann gehen sie am Nachmittag zu einem Fußballspiel, und abends sind sie wieder im afrikanischen Busch zu einem Barbecue. Einzigartige und spezielle afrikanische Events warten auf unsere Gäste", sagt van Schalkwyk. Insgesamt erwartet das Land im WM-Jahr den Rekordwert von mehr als zehn Millionen Besuchern. "Südafrika ist einfach nur phantastisch, seien es die Berge, das Meer, die Tierparks oder die dünne Besiedlung", schwärmt Wolfgang Jakob. Hamburgs ehrenamtlicher Botschafter lebt seit zehn Jahren in Südafrika und betont: "Wer zwei-, dreimal in diesem Land unterwegs war und die Vielfältigkeit und Schönheit sieht, möchte nirgendwo anders wohnen."

Zehn Stadien in neun Städten

Während der vier WM-Wochen stehen vor allem die neun Host-Cities im Blickpunkt. Sie stehen für die Vielfalt des Landes, das sich als Regenbogen-Nation versteht. "Es sind so viele verschiedene Eindrücke, auch klimatisch. Es gibt das subtropische Durban, dann Johannesburg auf dem Highland in 1800 Meter, und es gibt Kapstadt am Atlantik mit mediterranem Klima", erläutert Robert Hormes, deutscher Projektleiter des neuen WM-Stadions von Kapstadt.

Das Stadion in Durban bei Nacht
Das neue Stadion in Durban: leuchtendes Beispiel für das moderne SüdafrikaBild: Osram

Insgesamt sind zehn Arenen Schauplätze der 64 WM-Partien. "Wir haben einige der besten Stadien der Welt", sagt Danny Jordaan, Chef des WM-Organisationskomitees, nicht ohne Stolz. Beim Bau dreier Stadien waren deutsche Architekten beteiligt, wie Deutschlands Botschafter Dieter Haller erläutert. "Hervorragend ist zum Beispiel das Green-Point-Stadion in Kapstadt. Aber auch die neuen Stadien in Durban und Port Elizabeth sind wirklich Wahrzeichen des neuen dynamischen Südafrikas." Herz der WM ist die Provinz Gauteng. Dort wohnen zwei Drittel der 32 Teams und finden auch ein Drittel aller Spiele statt - inklusive der Eröffnungspartie zwischen Südafrika und Mexiko am 11. Juni im Soccer City Stadion von Johannesburg, wo einen Monat später auch der Titelträger gekürt wird.

97 Prozent der Tickets weg

Muster eines WM-Tickets für Südafrika
Begehrte Tickets

Nach Angaben des Weltverbandes FIFA wurden bereits 97 Prozent der 2,88 Millionen Eintrittskarten verkauft. Die anfängliche Angst vor leeren Stadien scheint damit gebannt zu sein. Sehr viele Einheimische werden die Spiele aber kaum live verfolgen, waren doch die Tickets für viele Afrikaner unerschwinglich. FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke bezeichnet insbesondere den Kartenvorverkauf auf dem afrikanischen Kontinent als enttäuschend. Problematisch dürfte der Transport zu den Stadien verlaufen, da trotz großer Anstrengungen der öffentliche Nahverkehr mangelhaft bleibt. Vor allem das neue Schnellbussystem steht in der Kritik der mächtigen Taxiindustrie. Streiks während der WM sind daher nicht auszuschließen. Immerhin konnte der neue Schnellzug Gautrain seinen Betrieb rechtzeitig aufnehmen. Er soll Fans vom Johannesburger Flughafen in den Nobelvorort Sandton transportieren.

Risiko für Touristen überschaubar

Polizisten auf der Fanmeile in Kapstadt
Polizisten sichern die FanmeileBild: DW

Ein beherrschendes Thema bleibt am Kap der Guten Hoffnung die Sicherheit. Hooligans sind in Südafrikas Fußball zwar unbekannt, aber die hohe Kriminalität könnte einen Schatten auf das WM-Turnier werfen. Gewaltkriminalität spielt sich vor allem in den Elends-Vierteln ab. So leben noch immer viele Millionen Schwarze in großer Armut in den Townships der Städte. Theresa Bay-Müller von Südafrika Tourismus versucht aber, Zweifel zu zerstreuen: "Wir haben in den letzten Jahren 146 Events gehostet. Da ist überhaupt nichts passiert." Und Helmut Spahn, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes, gibt gerade für Touristen Entwarnung. "Es ist wohl so, dass all diese Delikte im Bereich der Schwerstkriminalität 'unter Bekannten' begangen werden. Selten sind Touristen tatsächlich das Angriffsziel." Mit Blick auf die WM wurde zudem die Zahl der Polizisten vor allem in den Flughäfen, Innenstädten und rund um die WM-Stadien auf 46.000 erhöht.

Spanien, Brasilien oder doch Deutschland?

Spaniens Fernando Torres (oben) und Deutschlands Per Mertesacker im Finale der EURO 2008 in Wien. (Foto: AP)
Große WM-Chancen: Die Teams aus Spanien und DeutschlandBild: AP

Als Top-Favoriten gelten Europameister Spanien und Rekordweltchampion Brasilien. Daneben werden Titelverteidiger Italien, Argentinien, England, Frankreich sowie die Niederlande und die Elfenbeinküste hoch gehandelt. Aber auch die deutsche Nationalmannschaft muß nach den Worten von Bundestrainer Joachim Löw zum Kreis der WM-Kandidaten gezählt werden. "Wir zählen auf jeden Fall zu den Mitfavoriten. Und unser Anspruch heißt natürlich auch, das Turnier zu gewinnen", betont Löw, der gerne den vierten WM-Triumph für Deutschland nach 1954, 1974 und 1990 perfekt machen möchte. Die Hoffnungen der Südafrikaner ruhen auf ihrer Auswahl "Bafana Bafana". Sollte das Gastgeberteam erfolgreich in seine schwere Gruppe mit Mexiko, Frankreich und Uruguay starten, hält Rainer Dinckelacker auch eine WM-Stimmung wie 2006 in Deutschland für möglich. "Wenn die Südafrikaner ihre Bafana gewinnen sehen, dann sind sie außer Rand und Band. Dann ist alles möglich, dann feiern die, dann gibt es vielleicht auch so eine Euphoriewelle."

Autor: Arnulf Boettcher
Redaktion: Joachim Falkenhagen