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Südafrika will endgültig sein Image als Söldnerstaat ablegen

Steffen Leidel 4. September 2006

Südafrika steht vor einer drastischen Verschärfung seiner Anti-Söldner-Gesetzgebung. Südafrikaner, die Sicherheitsaufgaben in bewaffneten Konflikten leisten wollen, brauchen künftig eine Genehmigung der Regierung.

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Südafrikanische Söldner sollen an einem Putschversuch in Äquatorialguinea beteiligt gewesen seinBild: dpa

"Söldner sind eine Plage für die armen Länder dieser Welt, besonders in Afrika", sagte der südafrikanische Verteidigungsminister Mosiua Lekota am Dienstag (29.8.), dem Tag der Abstimmung in der Nationalversammlung (Unterhaus) über das neue Söldnergesetz. Mit der klaren Mehrheit des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) und gegen den Widerstand der Opposition wurde das in den Monaten zuvor heftig diskutierte Gesetz verabschiedet. Damit es in Kraft treten kann, muss es noch vom Nationalrat der Provinzen - dem Oberhaus - gebilligt werden.

Nachfrage nach südafrikanischen Ex-Soldaten

Die "Anti-Mercenary-Bill" sieht vor, dass südafrikanische Staatsangehörige, die bei Sicherheitsfirmen oder bei ausländischen Streitkräften tätig werden wollen, künftig eine Genehmigung bei der südafrikanischen Regierung einholen müssen. Das gilt auch für Südafrikaner, die für Unternehmen arbeiten, die in Krisengebieten humanitäre Aktionen beschützen.

Von dem Gesetz wären nach Ansicht des Rüstungsexperten Herbert Wulf zwischen 4000 und 20.000 Südafrikaner betroffen, die derzeit auf der ganzen Welt für private Sicherheitsfirmen arbeiten. Die Mehrheit davon seien ehemalige Soldaten, die noch unter dem Apartheid-Regime gedient hatten. "Irak und Afghanistan sind die Haupteinsatzgebiete", sagt Wulf, der ehemalige Leiter des Bonn International Center for Conversion (BICC) und Autor des Buches "Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden". Auch die rund 800 Soldaten, die in der britischen Armee dienen, bräuchte nach dem neuen Gesetz eine Genehmigung der Regierung.

Erinnerung an einen schmutzigen Krieg

Grundsätzlich begrüßt Wulf das stringente Gesetz, mit dem die Regierung versucht, dem Söldnerwesen Herr zu werden. "Das Image von Südafrika als Söldnerstaat ist zum Teil auch berechtigt, da viele Ex-Soldaten, die sich heute als Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen verdingen, während der Apartheidzeit an einem sehr schmutzigen Krieg beteiligt waren", sagt Wulf.

Das Söldnerwesen in Südafrika hat eine lange und blutige Tradition. Südafrikaner kämpften im Kongo, Sudan, Uganda, in Angola oder Sierra Leone und waren an zahlreichen Umstürzen und Putschversuchen beteiligt. Berüchtigt sind die Einsätze der Firma Executive Outcomes in den 1990er Jahren. Das Unternehmen, das von dem pensionierten Geheimdienst-Offizier des Apartheid-Regimes, Eben Barlow, gegründet worden war, rekrutierte seine Mitarbeiter vor allem aus dem 32. Bataillon der South African Defense Force (SADF), einer berüchtigten Anti-Terroreinheit, die auch unter dem Namen "Büffel Bataillon“ bekannt war.

Verschärfung nach neuen Söldneraktivitäten

Als Reaktion auf die umstrittenen Aktivitäten von EO erließ die Regierung September 1998 die South African Regulation of Foreign Military Assistance Act (FMA). Nach dem FMA darf niemand Personen für Söldneraktivitäten rekrutieren, trainieren oder finanzieren.

Die südafrikanische Regierung begründet die Verschärfung der Anti-Söldnergesetze nun damit, dass die bestehende Gesetzgebung aus dem Jahr 1998 nicht ausreicht, um dem Problem Herr zu werden. Nach wie vor würden Söldner in Südafrika rekrutiert. So waren mehrere Südafrikaner 2004 in einen gescheiterten Putschversuch die Regierung von Äquatorialguinea verwickelt.

Gesetz kontrovers diskutiert

Über den zunächst sehr allgemein gehaltenen Gesetzestext wurde heftig gestritten. Kritik kam auch von Hilfsorganisationen, die fürchteten, dass auch sie eine Genehmigung für ihre Einsätze einholen müssen und sich dadurch in ihren Aufgaben eingeschränkt sahen. Außerdem nutzen Helfer in Krisengebieten zum Teil die Dienstleistung von privaten Sicherheitsfirmen, um ihre Konvois oder Camps schützen zu lassen.

Unter Experten, Menschenrechtlern und Helfern gibt es aber einen Konsens, dass der boomende Sektor der privaten Sicherheitsindustrie einer transparenten Regulierung bedarf. "Die Firmen agieren in einer rechtlichen Grauzone", sagt Wulf. Neben Südafrika verfügen nur die USA über entsprechende Regelungen der Branche. "Dort ist es gewollte Politik, Tätigkeiten der Streitkräfte outzusourcen." Wulf sieht diese Entwicklung kritisch. Die Gefahr sei, dass die parlamentarische Kontolle umgangen und das staatlich Gewaltmonopols ausgehöhlt wird.

Internationale Gesetze veraltet

Der Rüstungsexperte von Amnesty International (AI), Mathias John, fordert international einheitliche Richtlinien. "Es hilft nicht maßgeblich weiter, wenn unterschiedliche Staaten nun unterschiedliche Regeln verabschieden."

Im Zusatzprotokoll zu der Genfer Konvention werde zwar Söldner definiert, doch die darin vorgesehenen Regularien seien kaum auf das neue Phänomen der privaten Militärindustrie anzuwenden. John drängt darauf, dass in den Verträgen zwischen Regierungsstellen und privaten Sicherheitsfirmen unbedingt auf die Einhaltung der Menschenrechte hingewiesen werden müsse. AI habe im Jahr 2004 15 Verträge zwischen US-Regierung und Sicherheitsfirmen näher untersucht, die in Irak und Afghanistan eingesetzt waren. In keinem einzigen wurde das Thema Menschenrechte erwähnt.