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Saakaschwili zieht Wahl vor

8. November 2007

Nach massiven Protesten will Georgiens Staatpräsident sich nun schon zu Jahresbeginn seiner Wiederwahl stellen. Auch der Ausnahmezustand solle bald beendet werden. Aus dem Ausland hatte es Kritik gehagelt.

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Überraschende Ankündigung: Michail Saakaschwili (Quelle: dpa)
Überraschende Ankündigung: Michail SaakaschwiliBild: picture alliance/dpa

Der georgische Staatspräsident Michail Saakaschwili will die ursprünglich für Ende 2008 geplante Präsidentenwahl auf den 5. Januar vorziehen. Das geschehe, "um das Vertrauen des Volkes zu gewinnen", sagte Saakaschwili am Donnerstag (8.11.07) in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. Der am Mittwoch zunächst für zwei Wochen verhängte Ausnahmezustand werde in den kommenden Tagen wieder zurückgenommen, weil sich die Lage in Georgien "schnell stabilisiert". Zusammen mit der Präsidentenwahl werde ein Referendum über den Termin für die nächste Parlamentswahl abgehalten, kündigte Saakaschwili weiter an.

Nach der georgischen Verfassung wird der Staatspräsident für fünf Jahre gewählt. Eine vorgezogene Neuwahl benötigt die Zustimmung des Parlaments. Da die Anhänger Saakaschwilis dort über eine Mehrheit verfügen, gilt eine Zustimmung als sicher.

Teilsieg der Opposition

Mit dem Vorziehen der Präsidentschaftswahl erfüllt Saakaschwili eine der Forderungen der Opposition, die dem Staatschef Machtmissbrauch, Instrumentalisierung der Justiz sowie eine Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich vorwirft. Eine Oppositionssprecherin bezeichnete die Entscheidung des Staatschefs als Sieg. "Das georgische Volk verliert nie einen Kampf. Wir haben gewonnen", sagte Tina Chidascheli von der oppositionellen Republikanischen Partei. Saakaschwili habe keine Chance auf eine Wiederwahl. Der georgische Präsident war 2003 während der sogenannten Rosenrevolution Anführer der Demokratiebewegung.

Rigoroses Vorgehen der Staatsmacht

Georgisches Militär an einer Bushaltestelle in Tiflis (Quelle: AP)
Georgisches Militär an einer Bushaltestelle in TiflisBild: AP

Die Lage in Georgien war in den vergangenen Tagen eskaliert: Am Mittwoch gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor; hunderte Menschen wurden festgenommen und zahlreiche weitere verletzt. Saakaschwili verhängte daraufhin einen zweiwöchigen Ausnahmezustand, um nach eigenen Angaben einen "Staatsstreich" zu verhindern. Am Donnerstag patrouillierten rund 200 Soldaten des Innenministeriums durch das Zentrum der Hauptstadt Tiflis. Mehrere U-Bahnstationen blieben geschlossen, die Hauptverkehrsadern größtenteils blockiert. Private Sender durften nicht mehr berichten, die Zeitungen wurden der Zensur unterworfen. Die Opposition sagte weitere Kundgebungen vorerst ab.

Saakaschwili äußerte inzwischen sein Bedauern über den Einsatz der staatlichen Gewalt. Dies sei aber nötig gewesen, um ein Abgleiten ins Chaos zu verhindern. Der Staatschef beschuldigte Russland, die vor einer Woche begonnenen Proteste gegen seine Regierung geschürt zu haben. Deswegen wurden drei russische Diplomaten ausgewiesen. Das russische Außenministerium wies die Beschuldigung als "unverantwortliche Provokation" zurück und warf der Regierung in Tiflis vor, sie wolle nur von ihren innenpolitischen Problemen ablenken.

Oppositionsführer im Bund mit Russland?

Die Staatsanwaltschaft beschuldigte am Donnerstag zwei Oppositionsführer, mit russischer Unterstützung spioniert und einen Staatsstreich geplant zu haben. Zotne Gamsachurdia und Schalwa Natelaschwili hätten die georgische Regierung stürzen wollen, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Nikolos Gwaramia am Donnerstag im staatlichen Fernsehen. Nach den beiden Männern werde gefahndet.

Deutliche Worte aus dem Ausland

Die Verhängung des Ausnahmezustands war international auf Ablehnung gestoßen. UN-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour zeigte sich in Genf besorgt über die "unangemessene Anwendung von Gewalt". Sie kritisierte zudem die Inhaftierung Oppositioneller. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) äußerte Besorgnis über die Schließung des oppositionsfreundlichen Fernseh-Senders Imedi TV. Die USA riefen beide Seiten zum Dialog auf, um die Krise friedlich beizulegen.