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Sacharow-Witwe Jelena Bonner gestorben

19. Juni 2011

Die russische Bürgerrechtlerin und frühere sowjetische Dissidentin Jelena Bonner ist tot. Die 88-Jährige galt seit Ende der 1960er Jahre als scharfe Kritikerin der Sowjetunion und später von Wladimir Putin.

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Jelena Bonner vor Europa-Flagge (Foto: AP)
Jelena Bonner 2008 bei der Verleihung des Sacharow-Preises in StraßburgBild: AP

Bonners Tochter Tatjana Jankelewitsch teilte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Sonntag (19.06.2011) mit, dass die Witwe des Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow am Samstag nach langer Krankheit in ihrem Haus in Boston gestorben sei.

Scharfe Kritik endete mit Verbannung ins Exil

Andrej Sacharow und Jelena Bonner (Foto: ullstein-bild/dpa)
Das Ehepaar Sacharow-Bonner 1989 - elf Monate vor dem Tod des FriedensnobelpreisträgersBild: ullstein bild - dpa

Den Atomphysiker und Bürgerrechtler Sacharow heiratete Bonner 1971. Vier Jahre später nahm sie stellvertretend für ihren Mann den Friedensnobelpreis in Oslo entgegen, nachdem ihm die Ausreise verweigert worden war.

Jelena Bonner war zu Sowjetzeiten eine scharfe Kritikerin des Regimes. Sie arbeitete für Magazine sowie Radiosender und dokumentierte Menschenrechtsverletzungen in der Sowjetunion. In den 80er Jahren wurden erst Andrej Sacharow, dann Jelena Bonner wegen Verunglimpfung des Staates ins Exil nach Gorki verbannt. Zuvor galt die Moskauer Wohnung des Ehepaares Sacharow-Bonner als Keimzelle der sowjetischen Dissidenten. Die Behörden warfen Bonner vor, sie habe ihren Mann Andrej Sacharow, der als Vater der sowjetischen Atombombe galt, gegen sein Heimatland aufgehetzt.

1986 hob Parteichef Michail Gorbatschow die Verbannung des Ehepaares nach Gorki auf und gestattete die Rückkehr nach Moskau.Ein Jahr später stellte Sacharow seinen Namen für einen neuen Menschenrechtspreis des Europaparlamentes zur Verfügung, der seither jährlich verliehen wird.

Bonner protestierte gegen den Tschetschenien-Krieg

Jelena Bonner (Foto: AP)
Jelena Bonner im Jahre 1994

Jelena Bonner setzte sich auch nach dem Zerfall des Ostblocks immer wieder für Menschenrechte in ihrer Heimat ein und kritisierte immer wieder die Mängel der jungen russischen Demokratie. Aus Protest gegen den Krieg in Tschetschenien trat sie 1995 aus der Menschenrechts-Kommission des damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin aus.

In den vergangenen Jahren äußerte sich Bonner vor allem kritisch über den ehemaligen Präsidenten und heutigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin. Im März vergangenen Jahres unterzeichnete sie eine Petition, die Putin zum Rücktritt aufforderte.

88-Jährige war "mehr als ein Gesicht" der Menschenrechtsbewegung

Menschenrechtler sprachen nach Bonners Tod von einem großen Verlust. "Sie gab der Moskauer Helsinki-Gruppe nicht nur ein Gesicht", sagte die Aktivistin Ljudmila Alexejewa. Der Bürgerrechtler Lew Ponomarjow würdigte den Einsatz Bonners zu Sowjetzeiten "unter Gefahr von Leib und Leben".

Bonner soll an der Seite ihres Mannes auf dem Wostrjakowskoje-Friedhof in Moskau beigesetzt werden. Die Familie bittet statt Blumen um Spenden für die Sacharow-Stiftung, die sich für Demokratie und Freiheit einsetzt.

Autorin: Julia Elvers-Guyot (dapd, afp, dpa)

Redaktion: Michael Wehling