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Hippiekultur in Deutschland

19. Juli 2010

Die Kultur- und Protestbewegung der Hippies ist in die Jahre gekommen. Viele Veteranen treffen sich jährlich auf dem Herzberg-Festival in Hessen, zu dem aber auch junge Menschen kommen.

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Liebe statt Kriege: Das Motto der Hippies (Foto: DW)
Liebe statt Kriege: Das Motto der HippiesBild: Markus Bösch

Blauer Himmel und Sonnenschein. Exotische Klänge kommen aus den Lautsprechern. Eine kühle Brise pustet durch die meist langen Haare der Zuschauer. Einige Besucher laufen barfuss durch das Gras. Immer wieder riecht es nach Marihuana.

Jedes Jahr zieht das Herzberg-Hippiefestival zahlreiche Blumenkinder an. Es ist eines der größten und ältesten Festivals dieser Art in Europa. Seitdem das Festival 1968 ins Leben gerufen wurde, ist es Tradition geworden, dass sich einmal im Jahr Hippies am Fuße der Burg Herzberg treffen. Neben Altbekannten aus der Hippie-Szene treten hier auch junge Bands aus zahlreichen Ländern auf.

Friede, Freude, Eierkuchen

Es ist ein einfacher Wunsch, der die zwei Generationen verbindet. "Es geht um Love and Peace. Eine riesige Philosophie steckt da auch nicht dahinter: Friede Freude Eierkuchen - weltweit!", erklärt Jürgen. Mit grauem Schnurbart und selbstgedrehter Zigarette im Mund bezeichnet er sich selber als Althippie. Die jungen Leute müssen das Hippie-Dasein selbst entdecken, sagt Jürgen.

Der Hippie-Veteran will seine Weltansichten und frühere Lebensweise keinem aufzwingen. Mit 16 Jahren hat er angefangen, selbstgemachten Schmuck in Fußgängerzonen zu verkaufen. Er ist umhergezogen und hat eine Weile in Spanien verbracht.

Hippie oder Rocker

Hippies Ende der 60er-Jahre in Deutschland (Foto: DW)
Hippies Ende der 60er-Jahre in DeutschlandBild: picture-alliance

Viele Anhänger der Flower-Power-Bewegung aus den 60er- und 70er-Jahren haben ihre Philosophie ihren Kindern vererbt. Während der 80er war es ruhiger um die Blumenkinder. Heute interessieren sich die Jugendlichen aber wieder mehr für die Hippies.

Für Althippie Jürgen ist klar: Als Jugendlicher ist man immer auf irgendeiner Art von Sinnsuche. Man will sich irgendwo anschließen. "Heutzutage gibt es tausende von Gruppen. Das hatten wir damals nicht. Zu meiner Zeit konnte man entweder Hippie oder Rocker werden", erinnert er sich und lacht.

Freizeit-Hippie

Die junge Generation der heute 20-Jährigen, die auf das Festival gekommen sind, bezeichnet sich nicht unbedingt als Hippies. Für viele Jugendliche ist das Hippie-Dasein in seiner reinen Form zur Utopie geworden. Sie haben einen anderen Zugang zur Hippieszene.

Wie für Lea, für die die ganze Hippie-Sache zugegeben eher eine Freizeitbeschäftigung ist. "Ich höre die Musik gerne, trage gerne die bunten Klamotten. Aber was die Lebenseinstellung angeht, da kann man nicht mehr so leben wie damals", schildert das junge Mädchen.

Heutige Jugend abgeklärter

Hippies von Heute: Alternativ und Öko (Foto: AP)
Hippies von Heute: Alternativ und ÖkoBild: AP

Zwar sehen die Nachwuchshippies die früheren Blumenkinder als Vorbilder an, dennoch ordnen sie sich selbst eher in die Alternative- oder Ökoszene ein. Im Gegensatz zu den Althippies haben die Jugendlichen eine andere Weltanschauung. "Wir sind alle ein bisschen abgeklärter", sagt Lea zu ihrem Bedauern. "Ich glaube, dass meine Generation nicht mehr die Ideale hat wie früher, was ich sehr schade finde. Denn ich denke, wir hätten es nötig."

Verwelkt - wie von vielen geglaubt - ist die Hippiebewegung in Deutschland also nicht. Sie blüht nur in anderer Form wieder auf. Trotz der Unterschiede werden die alten und die jungen Blumenkinder immer wieder zusammen finden - spätestens zum nächsten Herzberg-Festival und dann auch wieder eine ihrer Hymnen singen: "Sag mir, wo die Blumen sind".

Autor: Chi Viet Giang
Redaktion: Kay-Alexander Scholz