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Münchner Friedensschluss

Panagiotis Kouparanis10. Dezember 2012

Lange forderte die bayerische CSU den Austritt Griechenlands aus dem Euro. Davon will man jetzt nichts mehr wissen. In München kam es zum Versöhnungstreffen zwischen dem bayerischen und dem griechischen Regierungschef.

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Samaras / Griechenland / Bayern / München

Auch heftiges Schneetreiben konnte die Begegnung zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und seinem griechischen Kollegen Antonis Samaras nicht verhindern. Schließlich sollten Irritationen zwischen beiden Ländern aus der Welt geschaffen werden. Führende Politiker der regierenden bayerischen Christsozialen Union (CSU) hatten in der jüngsten Vergangenheit in immer schrilleren Tönen Finanzhilfen für Griechenland in Frage gestellt und den Austritt Griechenlands aus der Eurozone verlangt.

"Auf gleicher Wellenlänge"

Doch am Sonntagabend im prächtigen Prinz-Carl-Palais am Franz-Josef-Strauß-Ring war von dem Konflikt nichts zu spüren. Wie von griechischen Delegationskreisen zu hören war, zeigte sich Horst Seehofer beim Gespräch mit Antonis Samaras äußerst zuvorkommend und kooperativ. Vor der Presse bekundete er anschließend seinen "größten Respekt" für die Reformanstrengungen Griechenlands und ebenso für die Entschlossenheit der griechischen Regierung, den Weg der Reformen weiterzugehen.

Angesprochen auf die aus den eigenen Reihen geführten Attacken gegen Griechenland bemerkte Seehofer, dass es "jetzt nicht auf die Worte ankomme, die international gebraucht werden, sondern auf das Tun" - und da seien "beide auf der gleichen Wellenlänge". Das heiße vor allem, dass Griechenland wieder auf einen Wachstumspfad kommen und an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen müsse. Dazu wolle Bayern beitragen.

Antonis Samaras und Horst Seehofer in München (Foto: dapd)
Aussprache in München: Antonis Samaras und Horst SeehoferBild: dapd

In einem halben Jahr will Seehofer samt bayerischer Minister, Handelskammer- und Wirtschaftsvertretern, aber auch mit Repräsentanten von Regionen und Kommunen nach Griechenland reisen, um dort konkrete Projekte der Zusammenarbeit festzuklopfen. Im Gegenzug versprach der griechische Premier, zum nächsten Oktoberfest wieder nach München zu kommen. Auch bedankte er sich für das Angebot der Zusammenarbeit Griechenlands mit Bayern, das - so Samaras - "zu den am meisten entwickelten Regionen Europas" gehöre. Nicht direkt aber indirekt kritisierte Samaras dann doch die früheren CSU-Äußerungen zu einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone und zur Rückkehr des Landes in die alte Landeswährung Drachme.

Samaras äußerte die Ansicht, dass Wirtschaft zu 50 Prozent aus Psychologie bestehe. Damit seine Landsleute wieder Hoffnung schöpfen könnten, müsse man ihnen die Sorge davor nehmen, dass ihr Land zur Drachme zurückkehre. Und man müsse ihnen die Gewissheit vermitteln, dass das Land entschlossen sei, wieder ein gleichwertiges Mitglied der Eurozone zu sein. Dann würden nach und nach auch ausländische und einheimische Investoren Mut fassen und in Griechenland investieren.

Gründe für den bayerischen Wandel

Vor dem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten hatte Seehofer ein Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel geführt. Wie er berichtete, fand das Treffen mit Samaras "in voller inhaltlicher Übereinstimmung mit der Kanzlerin" statt. Gerade in dieser Aussage liegt der Schlüssel für das abrupte Ende der antigriechischen CSU-Rhetorik.

Von Merkels Entscheidung, Griechenland offensiv zu stützen und für dessen Verbleib in der Eurozone zu werben, blieb auch die CSU nicht unbeeindruckt. Die Aussicht, bis zu den Wahlen in Bayern und im Bund, die beide im September 2013 stattfinden, im Clinch mit der Schwesterpartei CDU zu liegen, war für die Christsozialen wenig verlockend. Schließlich hat die CSU in Bayern das Ziel, wieder die absolute Mehrheit zu holen und im Bund so viele Stimmen mit der CDU zu gewinnen, dass ohne die beiden Parteien keine Regierung gebildet werden kann.

Angela Merkel (Foto: dapd)
Angela Merkel - Kanzlerin und CDU-ChefinBild: dapd

Was bislang wenig beachtet wurde, ist die Tatsache, dass die CSU in der Griechenland-Frage keinesfalls einheitlich agierte. Den Europaabgeordneten der Partei und auch vielen ihrer Bundestagsabgeordneten ging das "Griechen-Bashing" aus München ohnehin gegen den Strich. Außerdem ist in Deutschland mit EU- beziehungsweise Euro-kritischen Positionen wohl kein Wahlkampf zu gewinnen.