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Samenbank muss Spender nennen

Marcus Lütticke6. Februar 2013

Tausende Kinder wurden Schätzungen zufolge in Deutschland durch Samenspenden gezeugt. Den Spendern wurde meist Anonymität zugesichert - das ist vorbei. Ein deutsches Gericht hat das Recht der Kinder gestärkt.

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Mediziner untersucht am Mikroskop Spermien (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Für kinderlose Paare sind sie eine große Hilfe: die sogenannten Samenbanken. In Deutschland gibt es 14 davon. Sie halten das tiefgekühlte Sperma von gesunden Männern bereit, um es Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch zur Zeugung eines Kindes einzuführen. Den Samenspendern wurde von diesen Zentren in der Vergangenheit häufig Anonymität zugesichert.

Kinder, die aus einer Befruchtung mit Spendersamen entstehen, wissen oft nichts von ihrer Herkunft. Es liegt alleine in der Hand der Eltern, sie darüber aufzuklären, dass es neben dem Vater auch noch einen Erzeuger gibt. Manche Eltern klären ihre Kinder schon sehr früh über die Familienkonstellation auf, andere warten bis zur Pubertät, und manche verraten es ihren Kindern nie. Doch auch wenn Eltern mit dem Thema offen umgehen, eine Möglichkeit herauszufinden, wer der leibliche Vater ist, gab es bisher für die Kinder oft nicht.

Gesetzliche Regelungen fehlen

Die Kenntnis der eigenen Abstammung ist jedoch ein Menschenrecht, das auch von deutschen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht immer wieder bekräftigt wurde. Doch wie ist dieses Recht durchsetzbar, wenn dem Samenspender Anonymität zugesichert wurde? Eindeutige gesetzliche Regelungen fehlen.

Die Klägerin Sarah P. sitzt am 06.02.2013 in Hamm im Saal des Oberlandesgerichts (Foto: picture-alliance/dpa)
Sarah P. will wissen, wer ihr leiblicher Vater istBild: picture-alliance/dpa

Mit seinem Urteil am Mittwoch (06.02.2013) hat das Oberlandesgericht Hamm nun eine rechtliche Gewichtung vorgenommen. Der 22-jährigen Klägerin Sarah P. wurde das Recht zugesprochen, von der Essener Klinik, in der sie im Jahr 1990 durch Spendersamen gezeugt wurde, über die Identität ihres leiblichen Vater informiert zu werden.

Das Gericht bewertet in seiner Urteilsbegründung das Recht des Kindes, seine Abstammung zu erfahren, höher als das Recht des Arztes, dem Spender die zugesicherte Anonymität auch weiterhin zu gewähren. Der Beklagte, Professor Thomas Katzorke, sprach nach der Urteilsverkündung jedoch von einem "rein theoretischen" Urteil, denn die Unterlagen, auf denen der Name des Spenders vermerkt ist, seien nicht mehr auffindbar. Für die Richter spielte das jedoch keine Rolle. Der Arzt müsse nun versuchen, die benötigten Informationen zu beschaffen, so das Gericht.

Zentrales Register gefordert

Andreas Hammel, Gynäkologe und Leiter einer Samenbank in Erlangen, zeigt sich im Gespräch mit der Deutschen Welle von dem Urteil nicht überrascht. Er fordert den Gesetzgeber auf, endlich zu handeln: "Die Regierung müsste ein Register einführen, in dem alle Daten der Samenspender und der Kinder dauerhaft und sicher hinterlegt werden. Momentan ist es so, dass diese Dokumentation in die Hände der Ärzte gelegt wird, die die Behandlung durchführen." Ein zentrales Register für ganz Deutschland fehlt also. Seit 2007 müssen jedoch die Namen der Spender von der Klinik für 30 Jahre archiviert werden, vorher, so auch im Fall von Sarah P., galt lediglich eine Archivierungsfrist von zehn Jahren. Schätzungen zufolge wurden in Deutschland bis jetzt etwa 100.000 Kinder durch Spenden gezeugt.

Portrait von Dr. Andreas Hammel, Reproduktionsmediziner (Foto: Sabine Wolfsgruber) Zulieferer: Marcus Lütticke
Dr. Andreas Hammel leitet die Samenbank in ErlangenBild: Sabine Wolfsgruber

Europa gleicht in Sachen Gesetzgebung zur Samenspende einem Flickenteppich. In Großbritannien beispielsweise werden die Namen aller Spender dokumentiert und jedes Kind hat mit 18 Jahren das Recht, den Namen seines biologischen Vaters zu erfahren. In Dänemark dagegen haben Spender die Möglichkeit, anonym zu bleiben, müssen es aber nicht. In den Niederlanden wird die Identität von Samenspendern geheim gehalten, ebenso in Spanien.

Unterhaltsforderungen möglich

In den USA gab es kürzlich einen Fall, indem sogar Unterhaltsansprüche gegen einen Samenspender geltend gemacht wurden. Im April 2013 muss nun ein Gericht über die Rechtmäßigkeit der Forderung entscheiden. Das Besondere an dem Fall ist, dass die Samenspende privat und nicht über eine Samenbank erfolgte. Bei offiziellen Samenspenden in Kliniken in den USA ist der Spender gesetzlich vor Unterhaltsansprüchen geschützt.

Diesen Schutz fordert Andreas Hammel auch in Deutschland - denn den gibt es bislang nicht. Er sieht darin auch eine Ungleichbehandlung zwischen adoptierten Kindern und Kindern, die mit Spendersamen gezeugt wurden, denn: "Adoptierte Kinder haben keinerlei Möglichkeit, Unterhalt von ihren leiblichen Eltern zu fordern."

Mikroskopaufnahme von Spermien (Foto: picture-alliance/dpa)
Spendersamen werden auf Krankheiten untersuchtBild: picture-alliance/dpa

Finanziell lohnt sich eine Samenspende für den Spender übrigens nur bedingt: Etwa 100 Euro gibt es pro nutzbarer Spende. Bis alle Tests abgeschlossen sind, dauert es ein halbes Jahr - erst dann wird der volle Betrag ausgezahlt. Paare zahlen für die Behandlung mit Spendersamen 500 - 700 Euro.