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Sankt Martin - Traditionen und Bräuche

11. November 2010

Jedes Jahr, wenn es immer früher dunkel wird und die Blätter von den Bäumen fallen, ist Zeit für Sankt Martin. Das katholische Fest hat eine lange Tradition und wird immer am 11. November gefeiert.

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Bunt beleuchtete Lampions(Foto: Harald Seitz)
Bild: Harald Seitz

"Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind. Sankt Martin ritt mit leichtem Mut, sein Mantel deckt ihn warm und gut." Helle Kinderstimmen klingen fröhlich durch den regnerischen Herbstabend. Voller Inbrunst singen die Grundschüler der Bonner Marienschule. Im Unterricht haben sie alle beliebten Sankt-Martins-Lieder gelernt und Laternen gebastelt, um optimal auf den traditionellen Umzug vorbereitet zu sein. Von Apfellaternen über bunte Häuser bis zu rosa Schweinchen ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Traditionsgeschichte im Klassenzimmer

In der Schule und in den Kindergärten lernen die Kinder natürlich auch, wer Sankt Martin eigentlich war. Erstklässler Scott kann das jedenfalls genau erklären und freut sich auf den ersten Laternenumzug an seiner Schule. "Der hat seinen Mantel einem Bettler gegeben. Ich finde Sankt Martin gut, weil man da Laternen hat und einen Laternenzug machen kann." Die Tradition von Sankt Martin geht auf den heiligen Martin von Tours zurück. Er war Soldat und teilte seinen warmen Mantel mit seinem Schwert in zwei Teile, um einem frierenden Bettler zu helfen, der nichts anzuziehen hatte. Für diese gute Tat wird Sankt Martin bis heute gefeiert und damit an Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe erinnert werden.

Deutschlandweit beliebt

Bei einem der größten deutschen Sankt-Martins-Umzüge in Kempen am Niederrhein kommen fast 4000 Laternenträger zusammen. Auch beim Umzug in Bonn gibt es einen echten Sankt Martin, der den Umzug auf seinem Pferd anführt. Ihm ist es besonders wichtig, die schöne Tradition fortzuführen, denn einige Kinder feiern lieber Halloween als Sankt Martin.

Sankt Martin führt auf seinem Pferd den Umzug an (Foto: Harald Seitz)
Mit gutem Beispiel voranBild: Harald Seitz

Das ist aber längst nicht bei allen Kindern der Fall. Erstklässler Scott weiß genau, warum er seine selbstgebastelte rote Apfellaterne durch die Bonner Altstadt trägt. Auch seine Mama Franziska mag die jährliche Tradition, die sie erst im Rheinland richtig kennen gelernt hat. "Ich bin in der DDR aufgewachsen und da gab es keinen Sankt Martin, insofern hab ich keine Kindheitserinnerungen." Seit sie im Rheinland wohnt ist aber alles anders. Nicht nur in der Schule gibt es einen Sankt-Martins-Umzug, auch die Kleinsten in den Kindergärten kommen auf ihre Kosten.

Gemütlicher Ausklang am Martinsfeuer

Am Martinsfeuer endet der Laternenumzug (Foto: Harald Seitz)
Am MartinsfeuerBild: Harald Seitz

Nach dem Laternenumzug, der sich wie ein buntes Lichtermeer durch den kalten Herbstabend zieht, gibt es auf dem Schulhof ein Lagerfeuer. Dort wird die Martinsgeschichte noch einmal erzählt und jedes Kind bekommt einen Weckmann. So heißt das süße Gebäck jedenfalls im Rheinland. Andernorts kennt man ihn auch als Martinsmann oder Stutenkerl.

Nicht nur die Kinder mögen diese gemütliche Tradition. Auch Scotts Papa Harald begleitet seinen Sohn gerne. "Besonders schön ist einfach das Event als solches, dass ganz viele Kinder sich treffen und es ist im Dunkeln, es ist ein bisschen heimelig, es passiert was und das ganze Drumherum, das Basteln der Laternen, das ist so ein Rundum-Wohlfühlpaket für die Kinder und ich glaube das gefällt den Kindern auch am meisten."

"Schnörzen macht am meisten Spaß!"

Erstklässler Scott zeigt stolz seine selbstgebastelte Laterne (Foto: Harald Seitz)
Scott mit seiner selbstgebastelten LaterneBild: Harald Seitz

Martinsumzüge gibt es nicht in allen Teilen Deutschlands. Die meisten Umzüge finden im Rheinland und in Süddeutschland, also in katholischen Regionen statt. Neben den Laternenumzügen ist auch das traditionelle Martinsgansessen besonders beliebt. Einer Legende nach sollte Sankt Martin nämlich zum Bischof der französischen Stadt Tours geweiht werden, fühlte sich dieser Aufgabe aber nicht gewachsen und versteckte sich in einem Gänsestall. Doch die Gänse schnatterten so laut, dass er gefunden werden konnte.

In Bonn kommt das wahre Highlight erst nach dem Laternenumzug. Beim Martinssingen ziehen die Kinder singend von Haustür zu Haustür und bekommen Süßigkeiten geschenkt. Im Rheinland heißt dieser Brauch "Schnörzen" oder "Dotzen". Viertklässlerin Hanna und ihre Freundinnen können es kaum noch abwarten und haben extra großen Taschen für die vielen Süßigkeiten mitgebracht.

Autorin: Nina Treude

Redaktion: Conny Paul