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Sansibars Revolution wird 50

Mohammed Khelef (gh)12. Januar 2014

Dieser Termin ist für das ostafrikanische Inselparadies Sansibar wichtiger als die Unabhängigkeit von Großbritannien: Der Sturz der arabischen Elite am 12.01.1964. "Mapinduzi", die "Revolution" dauerte nur sechs Stunden.

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Symbolbild: Sansibar's Revolution wird 50 (Foto: afp)
Bild: Gabriel Bouys/AFP/Getty Images

Es geht blitzschnell: Am 12. Januar 1964 überfallen Milizen drei Polizeistationen, das Postamt, einen Radiosender und die Landebahn des Flughafens in Sansibar-Stadt. Ihr Ziel: den Sultan stürzen und die arabische Elite vertreiben. Gerade mal seit einem Jahr ist die kleine Insel da unabhängig von der Kolonialmacht Großbritannien.

Der Staatsstreich kommt für die Sicherheitskräfte des Sultanats völlig überraschend. Sie müssen mit ansehen, wie die Aufständischen innerhalb weniger Stunden die Hauptinsel Unguja unter ihre Gewalt bringen, hunderte Araber töten und Tausende in Lager sperren. Der Sultan und seine Minister fliehen. Damit ist nach 200 Jahren die Herrschaft der arabischen Minderheit über die afrikanische Mehrheit auf Sansibar beendet.

Wirtschaftlicher Aufbruch

Noch am selben Tag rufen die Revolutionäre eine "Volksrepublik" im sozialistischen Sinne aus und gründen einen Revolutionsrat, der einen Präsidenten ernennt. Die neue Regierung verspricht ein besseres Gesundheitswesen, Armensiedlungen, freie Schulbildung, mehr Unterstützung für die Landwirtschaft und mittelständische Unternehmen. Einige dieser Versprechen werden auch tatsächlich eingehalten.

Plattenbauten in Sansibar-Stadt (Foto: DW)
Die Plattenbauten in Sansibar-Stadt ließ die damalige DDR-Führung bauenBild: DW

Für Infrastrukturprojekte bekommt Sansibar Hilfe von kommunistischen Ländern wie der DDR, China, Kuba und Russland. Außerdem gewähren einige dieser Staaten jungen Sansibaris Stipendien. Trotzdem verlassen viele die Insel im Indischen Ozean. Ein Grund sei die autoritäre Politik der postrevolutionären Regierung gewesen, sagt der Wirtschaftsanalytiker und Sansibar-Experte Ahmed Rajab. "Viele Fachkräfte und gut ausgebildete junge Menschen sahen sich gezwungen, auf das afrikanische Festland auszuwandern. Das waren Leute, die eigentlich zur Entwicklung Sansibars hätten beitragen können."

Abhängigkeit vom Festland

Dazu kommt ein weiter Rückschlag: Die Gewürznelken-Ernte fällt aus, weil die Pflanzen von einer Krankheit befallen sind. Das ruiniert Sansibar wirtschaftlich und ist ausschlaggebend dafür, dass sich Sansibar im April 1964 mit dem Nachbarn Tanganjika zum Unionsstaat Tansania zusammenschließt. Da liegt die Revolution gerade mal 100 Tage zurück. Sansibar, das damals nur 500.000 Einwohner hat, erhofft sich durch die Union Zugang zu den großen Märkten auf dem Festland.

Eine Frau geht an einem Geschäft mit Bildern und Kleidung vorbei (Foto: GABRIEL BOUYS/AFP/Getty Images)
Eigentlich lebt die Wirtschaft vom Gewürzhandel - aber ein bißchen Tourismus darf auch seinBild: Gabriel Bouys/AFP/Getty Images

Doch was damals Vorteile versprach, gilt heute als Hindernis für die Insel. "Der Bund mit dem Festland führte dazu, dass der sansibarischen Verwaltung die Macht weggenommen wurde, die sie hätte nutzen können, um das Land zu entwickeln", sagt Ahmed Rajab. Die Steuer- und Finanzpolitik etwa wird in Daressalam gemacht, in der Unions-Regierung hat Sansibar kaum Mitspracherecht.

Doch die Insel versucht sich zu emanzipieren. Sansibars Finanzminister Omar Yussuf Mzee etwa will künftig mehr selbst entscheiden. Dazu haben Tansania und Sansibar einen Sonderausschuss gegründet. "Wirtschaft ist keine Unions-Aufgabe und wir haben die Hoffnung, dass unsere wirtschaftlichen Angelegenheiten bald nicht mehr durch die Union kontrolliert werden."

Hoffen auf dauerhafte Stabilität

Seit 2010 wird Sansibar von einer stabilen Regierung der nationalen Einheit unter Präsident Ali Mohamed Shein geführt. Zwischen der regierenden Partei der Revolution CCM und ihrem Junior-Partner CUF - lange die größte Oppositionspartei auf der Insel - herrscht Frieden. "Präsident Shein ist ein sehr selbstbewusster Mann, der weiß, was er will und auch weiß, was das Beste für Sansibar ist", betont etwa Seif Sharif Hamad, Generalsekretär der CUF. "Ich bin davon überzeugt, dass er seinen Job weiterhin gut machen wird."

Eine Frau hält ein Wahlkampfplakat (Foto: EPA/KIM LUDBROOK)
Wahlkampf auf Sansibar - bunt und friedlichBild: picture alliance/dpa

Eine Herausforderung steht noch in diesem Frühjahr an: Tansania will im April 2014 eineneue Verfassung verabschieden. Sie soll auch die Beziehungen zur Insel Sansibar auf eine neue Grundlage stellen.