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Sardinen, Seife, ein Säckchen Reis

Peter Hille (Bogo City)16. November 2013

Für zehntausende Menschen im Katastrophengebiet ist die Lage "trostlos", so die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Andere haben ein - wie auch immer geartetes - Dach über dem Kopf. Die Hilfe kommt nur langsam an.

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Ausgabe von Hilfspaketen im Örtchen Pindog, Philippinen, nach dem Taifun Haiyan, 15.11.2013 (Foto: DW/P. Hille)
Bild: DW/P. Hille

Als der Lastwagen um die Ecke biegt, bricht Jubel aus auf dem ehemaligen Basketballfeld im Örtchen Pindog im Norden der Insel Cebu. Lange haben die Menschen in der Mittagshitze auf diesen Moment gewartet. Zwischen den vom Taifun heruntergerissenen Basketballkörben haben sie Schlange gestanden, um etwas zu essen zu ergattern.

Jeder einzelne bekommt nun eine Plastiktüte vom Lastwagen heruntergereicht. Darin: Zwei Dosen mit Sardinen, ein Stück Seife, ein Säckchen mit Reis und zwei Flaschen Wasser. "Danke, danke, danke", murmeln diejenigen, die sich mit ihrer Tüte in der Hand auf den Weg nach Hause machen - oder in ihre provisorische Unterkunft.

Hilfe von Privatleuten

Doch auch diese Ration wird nicht länger als einen Tag reichen. Und ob morgen ein neuer Lastwagen ankommt, können die Menschen hier nicht sagen. Sie sind abhängig von der Hilfsbereitschaft ihrer Nachbarn im Süden der Insel. Einige wohlhabende Familien aus der Provinzhauptstadt Cebu haben diesmal den Laster geschickt. Von staatlichen Stellen sei bislang noch nichts angekommen, klagen die Hungrigen.

Das muss auch der Gouverneur der Provinz Cebu, Hilario Davide III, gegenüber der DW eingestehen. Rund 14.000 Familien seien nach dem Taifun Haiyan allein in Nord-Cebu auf Hilfe angewiesen. "Wir haben Essen verteilt, aber noch nicht alle haben etwas erhalten." Es fehlen Lastwagen, um die Hilfsgüter in alle Orte zu transportieren - "aber wir tun, was wir können", bekräftigt etwas hilflos der Gouverneur.

Zerstörte Bushaltestelle bei Bogo City, Philippinen, nach dem Taifun Haiyan, 15.11.2013 (Foto: DW/P. Hille)
Busse fahren sowieso nicht mehr: Zerstörte BushaltestelleBild: DW/P. Hille

Je weiter wir von der Provinzhauptstadt aus nach Norden fahren, umso öfter sehen wir umgeknickte oder entwurzelte Kokosnusspalmen, zerfetzte Zuckerrohrplantagen und zerstörte Häuser. Entlang der Straße stehen dann auch immer mehr Menschen mit selbstgemalten Schildern: "Please help us" steht darauf: "Bitte helft uns!"

Verletzte stehen Schlange

In größeren Städten kommt die Hilfe schneller an. Im Kulturzentrum der 70.000-Einwohner-Stadt Bogo City etwa stapeln sich Fünf-Kilo-Säcke mit Reis, manche geschickt vom Staat, andere von Privatleuten, von Unternehmen. Zeltplanen sollen sie vor Regen schützen, der Taifun hat das Kuppeldach vom Gebäude gerissen. Auf dem Marktplatz der Stadt werden die Reissäcke verteilt.

Doch auch wenn es hier mittlerweile genug zu essen gibt: Viele Kranke und Verletzte sind noch nicht versorgt. Das Krankenhaus von Bogo City hat den Taifun zwar überstanden, nur einige Fensterscheiben fehlen. Doch der Ansturm an Patienten reißt nicht ab: In einer über hundert Meter langen Warteschlange stehen sie vor dem Eingangstor, die Gesünderen halten Schirme über die weniger Gesunden und schützen sie vor der Sonne.

Feldlazarett in Bogo City, Philippinen, nach dem Taifun Haiyan, 15.11.2013 (Foto: DW/P. Hille)
Notfallmedizin im Feldlazarett in Bogo CityBild: DW/P. Hille

Einsatz ohne Abreisedatum

Mit einem Feldlazarett leistet die israelische Armee hier Hilfe. Am Donnerstag (14.11.13) haben die 148 Soldaten auf dem Rasen vor dem Krankenhaus ihre Zelte aufgeschlagen. Laut Leutnant Libby Weiss ist vor allem medizinische Nothilfe gefragt. "Wir versorgen hier Beinverletzungen, gebrochene Knochen, Verletzungen am Auge, die der Sturm verursacht hat", erklärt Weiss. Sie und ihre Kollegen wissen darum auch noch nicht, wann sie wieder abreisen werden. "Unsere Vorräte werden jetzt erst einmal für zwei Wochen ausreichen. Und wenn es notwendig ist, dann bringen wir Nachschub hierher und bleiben länger."

Länger im Einsatz werden wohl auch noch die Tanklaster sein, die einige Dörfer im Norden Cebus mit Trinkwasser versorgen. Aus der Provinzhauptstadt fahren sie rund drei Stunden nach Norden. Den Menschen im Ort Malbago bringen sie zum ersten Mal nach dem Sturm frisches Wasser. In Kübeln, Flaschen und Plastikfässern zapfen sie sich so viel ab, wie sie nach Hause tragen können.

Wasserausgabe in Malgabo, Philippinen, nach dem Taifun Haiyan, 15.11.2013 (Foto: DW/P. Hille)
Wer Behälter hat, zapft WasserBild: DW/P. Hille

Denn noch sind hier keine Anlagen aufgebaut, die das Grundwasser reinigen. Am Samstag (16.11.13) ist ein Team des Technischen Hilfswerks aus Deutschland in der Region eingetroffen. Sie wollen so schnell wie möglich eine Anlage zur Wasseraufbereitung installieren, die Zehntausende Menschen im Norden Cebus mit sauberem Trinkwasser versorgen soll.