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Politik

Böhmermanns Klage gegen Merkel scheitert

16. April 2019

Vor drei Jahren sorgte der TV-Satiriker Jan Böhmermann mit einem Gedicht gegen Erdogan für Aufsehen. Auch die Kanzlerin äußerte sich dazu. Weil Böhmermann das nicht gefiel, zog er vor Gericht. Dieses hat nun entschieden.

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Unterhalter Jan Böhmermann
Unterhalter Jan BöhmermannBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Der Satiriker Jan Böhmermann ist mit einer Unterlassungsklage gegen das Bundeskanzleramt gescheitert. Böhmermann hatte erwirken wollen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel kritische Äußerungen an einem Gedicht des Satirikers über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurücknehmen muss. Das Gericht erklärte die Klage für unzulässig, da nicht zu erwarten sei, dass Merkel ihre Äußerungen wiederholen würde. Weder Böhmermann noch Merkel nahmen an der Gerichtsverhandlung teil.

Konkret kritisierte Böhmermann, dass im Onlineauftritt der Bundesregierung weiter das Protokoll einer Bundespressekonferenz vom April 2016 zu finden sei. Dort hatte Regierungssprecher Steffen Seibert Merkels Kritik an dem Gedicht wiedergegeben. Seibert hatte gesagt, Merkel habe mit dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu telefoniert - dabei sei es auch um das sogenannte Schmähgedicht gegangen. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, dass der Text "bewusst verletzend" sei.

Pressefreiheit verletzt

Böhmermanns Anwalt Reiner Geulen hatte vor dem Prozess argumentiert, die Kritik Merkels stelle eine "nicht hinzunehmende staatliche Vorverurteilung" dar. Böhmermann sehe seine Grundrechte auf Presse- und Kunstfreiheit verletzt. Es sei nicht zu akzeptieren, dass sich die Bundesregierung "aus politischen Gründen mit juristischen Bewertungen in die freie und unabhängige Rechtsprechung einmischt". 

Laut Geulen stand Böhmermann zeitweise unter Polizeischutz. Die Polizei habe ihn informiert, dass von türkischer Seite eine "Bestrafungsaktion" gegen ihn und sein privates Umfeld vorbereitet werde. Er habe auch seine Wohnung wechseln müssen.

Akte zum Fall Böhmermann gegen das Bundeskanzleramt
Akte zum Fall Böhmermann gegen das BundeskanzleramtBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Merkel hatte sich wenige Tage später von ihrer eigenen Aussage distanziert. Die Formulierung sei ein Fehler gewesen. Auch im Gerichtsprozess erklärte die Vertretung des Kanzleramts, es bestehe keine Gefahr, dass die Bundesregierung die Formulierung so wieder tätigen werde. Das erkannte das Gericht an und sagte außerdem, die öffentliche Erklärung sei nicht rechtswidrig gewesen und ein vertretbares Werturteil.

Diplomatische Spannungen

Böhmermann hatte das sogenannte Schmähgedicht gegen Erdogan Ende März 2016 in der TV-Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen und damit einen diplomatischen Eklat ausgelöst. Die Türkei hatte nach der Ausstrahlung der Sendung rechtliche Schritte verlangt und sich dabei auf Paragraf 103 des Strafgesetzbuchs zur "Beleidigung von Organen und Vertreter ausländischer Staaten" berufen.

Die Bundesregierung erteilte die für solche Verfahren nötige Strafverfolgungsermächtigung, die Staatsanwaltschaft Mainz stellte die Ermittlungen jedoch im Herbst 2016 ein. Im Zuge der Affäre wurde der Paragraf 103 schließlich aus dem deutschen Strafgesetzbuch gestrichen.

lh/fab (dpa, epd, afp)