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Satirische Attacken

Rafael Heiling15. Dezember 2002

Steuer-Song, Kanzlerwitze – der deutsche Regierungschef Gerhard Schröder muss ein dickes Fell haben in diesen Tagen. Polit-Satire ist aber kein deutsches Phänomen: Auch im Ausland müssen Volksvertreter einstecken können.

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Wer die Steuern anhebt, braucht für den Spott nicht zu sorgenBild: http://www.steuerkanzler.de/

Der Düsseldorfer Imitator des deutschen Bundeskanzlers Schröder, Elmar Brandt, hat den Anfang gemacht. Er dichtete den Sommerhit "Ketchup-Song" zum "Steuer-Song", bei dem der Spott gegen den Bundeskanzler aus jeder Zeile spricht. Damit kam er auf Platz eins in den Charts. Jetzt hat der Chef des Steuerzahlerbundes, Karl-Heinz Däke, den Text der Internationale umgebaut: "Kanzler, hör die Signale, / auf zum großen Gefecht! / Die deutschen Steuerzahler, / die kämpfen um ihr Recht." Däke denkt sogar an eine Studioaufnahme.

Wahlversprecher des Präsidenten

Spitting Image Margaret Thatcher
Margaret Thatcher in "Spitting Image"Bild: AP

Die Deutschen sind aber nicht die einzigen, die ihre Spitzenpolitiker durch den Kakao ziehen. In Großbritannien müssen die Vertreter des Volkes traditionell viel ertragen können. Dort wurde in den 1980er Jahren die Sendung "Spitting Image" erfunden – die "Mutter" aller Politiker-Parodien im Fernsehen. Eine andere TV-Sendung hatte sich in einem Werbespot auf US-Präsident George Bush eingeschossen: Darin will Bush ein Video ansehen und steckt das Band in den Toaster. Die britische Werbeprüfstelle kassierte den Spot ein: Er sei "beleidigend". Sogar in seiner Heimat wird über den US-Präsidenten geblödelt, weil er sich nicht immer sicher ausdrückt: "Ich weiß, was ich glaube, und ich werde weiterhin sagen, was ich glaube und was ich glaube - denn ich glaube, dass das, was ich glaube, richtig ist." In Amerika gibt es Bücher, die solche Sätze als "Bushismen" versammeln.

George Bush als Puppe
George Bush als PuppeBild: AP

Italien: Niemand verspottet den Chef

Anderswo haben es Polit-Spötter nicht so leicht. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi wird von den meisten Sendern nicht behelligt – denn sie gehören ihm. Allerdings darf sich Kabarettistin Sabina Guzzanti beim staatlichen Fernsehsender RAI 3 als Berlusconi verkleiden und ihn lächerlich machen. Der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende verkleidet sich nicht. Mit seiner jungenhaften Frisur und der runden Brille ist er schon im Naturzustand der Harry Potter der Politik – sagen Satiriker. Wahlweise gehe er auch als Mr. Bean durch.

Die Tschechen wollen einen Steuer-Song

Derweil machen die deutschen Schröder-Witze bereits international die Runde. Die tschechische Bildungsministerin Petra Buzkova kam sogar im Fernsehen auf den Steuer-Song zu sprechen. Der sei, trotz der ätzenden Ironie, "eher liebenswürdige Kritik", meinte die Sozialdemokratin. Der Kommunist Jiri Dolejs ist sogar neidisch auf den Steuer-Song, gab er in der gleichen Sendung doch zu: "Diese Form von Humor fehlt uns Tschechen. Hier können wir von den Deutschen lernen."

Auf Friedensmission beim Grand-Prix

Kanzler-Comedian Elmar Brandt ist obenauf. Mit seiner "Gerd Show" will Brandt nun beim Grand Prix d’Eurovision antreten. Der Gerd-Show-Homepage kann man entnehmen, dass "der Kanzler" sich inspirieren lässt von Nicoles "Ein bisschen Frieden" – sein Arbeitstitel: "Noch mehr Frieden".

Der echte Schröder schweigt dazu, Brandts Plattenlabel Warner Music auch. Aber die Opposition sorgt sich, zum Beispiel CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer. Er sagte der "Bild"-Zeitung, Brandt sei "zu nahe an der Realität, um Deutschland international zu vertreten".