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Sattes Plus für den Fiskus erwartet

12. Mai 2011

Bund, Länder und Kommunen können sich bis 2014 auf 135,3 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen einstellen als bisher geplant. Das ist das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung. Entlastungen soll es aber noch nicht geben.

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Ein Bündel Euro-Scheine gehen von Hand zu Hand (Foto: pa/dpa)
Mehr Geld für die öffentlichen KassenBild: picture-alliance/ dpa

Das üppige Plus sei die Folge des kräftigen Wirtschaftswachstums, teilte das Bundesfinanzministerium am Donnerstag (12.05.2011) nach Beratungen des Arbeitskreises Steuerschätzung mit. Für dieses Jahr rechnen die Experten mit Mehreinnahmen von 17,6 Milliarden Euro im Vergleich zur Prognose vom vergangenen November.

Für 2012 wird mit einem Plus der öffentlichen Kassen von 21,4 Milliarden Euro gerechnet, für 2013 mit 47,3 Milliarden und für 2014 mit 49 Milliarden. Erstmals gaben die Steuerschätzer für 2015 eine Prognose ab. Sie erwarten für das Jahr Rekord-Einnahmen von insgesamt 652,3 Milliarden Euro - zum Vergleich: Im Jahr 2010 nahm der Staat 488,7 Milliarden Euro Steuern ein.

Von den insgesamt 135,3 Milliarden Euro kann der Bund in den nächsten vier Jahren 66,4 Milliarden Euro mehr veranschlagen. Bei den Ländern errechneten die Steuerexperten ein Plus von 49,6 Milliarden Euro im Vergleich zur vergangenen Schätzung. Den Gemeinden fließen demnach 19,3 Milliarden mehr bis Ende 2014 zu.

Schäuble: Kein Spielraum für Steuersenkungen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei einer Debatte im Bundestag am 12.05.2011 (Foto: AP)
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bremst Debatte um SteuersenkungenBild: AP

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete das Plus als eine "insgesamt erfreuliche Entwicklung". Er warnte aber davor, nun den Schluss zu ziehen, man könne den Sparkurs aufgeben. Es gebe zahlreiche Risiken für den Haushalt, die derzeit noch nicht genau zu erfassen seien. Daher müsse die Haushaltskonsolidierung konsequent fortgesetzt werden, für Steuerentlastungen gebe es keine Spielräume, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. Die Mehreinnahmen seien außerdem zu einem Großteil bereits in der aktuellen Haushaltsplanung berücksichtigt.

Auch Länder und Kommunen gegen Mehrausgaben

Auch die Länderfinanzminister erteilten einer Ausgabensteigerung trotz der positiven Mai-Steuerschätzung eine klare Absage. "Wir werden in den Länderhaushalten darauf achten, dass wir den Aufschwung jetzt auch tatsächlich nutzen, um die Krisenfestigkeit unserer Haushalte auf Vordermann zu bringen", sagte der neue Vorsitzende der Finanzministerkonferenz von Bund und Ländern, Bayerns Ressortchef Georg Fahrenschon (CSU). Es dürfe niemals wieder der Fehler gemacht werden, zu glauben, dass nicht wieder schwierigere Zeiten kommen.

Auch der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) betonte: "Wir sollten nicht der Fiskalillusion erliegen, als hätten wir jetzt Spielräume in den öffentlichen Haushalten." Das gelte sowohl für Ausgaben als auch für Steuersenkungen. An erster Stelle stehe die Haushaltskonsolidierung. "Wir müssen die Steuermehreinnahmen nutzen, um die Neuverschuldung zu reduzieren", sagte auch Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD).

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Städtetags, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. Die Kommunen verzeichneten im laufenden Jahr noch ein Defizit von voraussichtlich mehreren Milliarden Euro. Deshalb hätten die Städte keinen Spielraum für Steuersenkungen.

DIHK hofft auf baldige Steuerreform

Containerschiff am Hafen in Hamburg (Foto: dapd)
Der Aufschwung füllt die Kassen des FiskusBild: dapd

Dennoch sieht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nach der günstigen Steuerprognose Chancen auf baldige Reformen im deutschen Steuersystem. "Durch die sprudelnden Steuern besonders in diesem und dem nächsten Jahr kann der Bund die notwendige Haushaltskonsolidierung früher als geplant schaffen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Donnerstag. Damit sei der Spielraum für die überfällige Steuerstrukturreform deutlich gewachsen.

Schon seit längerem fordert die deutsche Wirtschaft grundlegende Reformen im deutschen Steuersystem. Sie plädiert dabei auch für die Beseitigung des "Mittelstandsbauchs" - also der überproportionalen Steuerbelastung gerade der mittleren Einkommensgruppen - und der kalten Progression. Sie bezeichnet den Sonderfall, dass eine Gehaltserhöhung zu einer neuen Steuergruppe und damit einem höheren Steuersatz führt, der gleichzeitig den Einkommenszugewinn wieder auffrisst. Außerdem fordert die deutsche Wirtschaft Korrekturen bei der Unternehmensbesteuerung.

Zwei Schätzungen pro Jahr

Der Arbeitskreis Steuerschätzung hatte die neue Prognose drei Tage lang in Fulda erarbeitet. Das Gremium gibt es seit 1955. Ihm gehören rund 35 Fachleute aus Bund, Ländern, Kommunen und Wissenschaft an. Auch das Statistische Bundesamt und die sogenannten Wirtschaftsweisen, also der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, sind bei den Beratungen dabei. Der Schätzerkreis prognostiziert zwei Mal im Jahr die Steuereinnahmen für die öffentlichen Haushalte. Auf Basis dieser Vorhersagen werden die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen aufgestellt.

Im Mai ist jeweils die "große Steuerschätzung" für das laufende und die vier folgenden Jahre. Die "kleine Steuerschätzung" findet immer im November statt, kurz vor der Aufstellung des Haushalts. Dann sagen die Experten die Steuereinnahmen nur für das laufende und das kommende Jahr voraus.

Autorin: Ursula Kissel (dapd, dpa, rtr, afp)
Redaktion: Sabine Faber