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Saudi-Arabien vermittelt in Afghanistan

5. Februar 2010

Schon 2008 hat Saudi-Arabien versucht, zwischen den Taliban und der Regierung in Afghanistan zu vermitteln - ohne Erfolg. Jetzt hat Afghanistans Präsident Karsai die Saudis erneut um Hilfe gebeten.

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Hamid Karsai zu Gast in Saudi Arabien (Foto:ap)
Hamid Karsai hat Saudi-Arabien um Unterstützung gebeten.Bild: AP

Es sind historisch äußerst ambivalente Beziehungen, die Saudi-Arabien mit den Taliban in Afghanistan verbinden. Lange hat der Golfstaat die Radikal-Islamisten unterstützt. Saudi-Arabien war auch eines von drei Ländern - neben Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten - die das Taliban-Regime in den 1990er Jahren überhaupt anerkannt haben.

Verhandeln ja - aber mit welchen Taliban?

Taliban in Afghanistan (Foto:dpa)
Wie eng sind die Kontakte Saudi Arabiens zu den Taliban wirklich?Bild: dpa

Das mache die angekündigten Verhandlungsbemühungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban undurchsichtig, meint Sebastian Sons vom Deutschen Orient-Institut in Berlin. Könnten die historischen Beziehungen einerseits eine Verhandlungsgrundlage darstellen, so gibt der studierte Islamwissenschaftler andererseits zu bedenken, "dass Saudi-Arabien sich nicht nur den Terrorkampf auf die Fahne geschrieben hat, sondern eben auch eine religiöse Idee verbreiten will, die nach westlichen Maßstäben nicht in die Afghanistan-Politik passt – wodurch die Taliban im Endeffekt sogar gestärkt werden könnten."

Das wäre fatal. Sollte es doch gerade darum gehen, durch Gespräche mit Taliban die von vielen Afghanen ersehnte Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen. Aber eine neue Ära im Sinne eines radikalen, restriktiven Islamismus kann wohl kaum das sein, was Präsident Hamid Karsai oder auch der in Afghanistan engagierte Westen für das Land am Hindukusch will. Daher sei es wichtig, so Sons, dass Saudi-Arabien klar macht, mit wem eigentlich gesprochen werden soll. Schließlich stellen die Taliban keine einheitliche Gruppe mit einheitlichen politischen und religiösen Vorstellungen dar. "Von welchen Taliban geht Gefahr aus? Mit welchen Taliban kann man verhandeln?", fragt daher Sebastian Sons. Denn sicher sei es schwierig, mit Taliban-Führern zu verhandeln, die ein enges Verhältnis zu al-Qaida pflegen – auch und gerade für Saudi-Arabien.

Stolperstein Bin Laden?

Osama bin Laden (Foto:ap)
Saudi-Arabien möchte die Auslieferung Osama bin LadensBild: AP

So dürften Saudi-Arabien das internationale Terrornetzwerk al-Qaida und sein Chef Osama bin Laden nach wie vor schwer im Magen liegen: Bereits 1991 wies der Öl-Staat bin Laden, den Spross einer reichen saudischen Familie, wegen seiner Angriffe auf das saudi-arabische Königshaus aus. Und noch während Hamid Karsais Besuch am Dienstag (02.02.2010) bekräftigte die Führung in Riad, dass ein Friedensengagement nur möglich sei, wenn die Taliban Osama bin Laden ausliefern. Mittlerweile hat Saudi-Arabien zwar zugesagt, Hamid Karsai bei seinen Bemühungen um eine Aussöhnung mit den Taliban zu unterstützen. Dennoch könnte die ungelöste Frage um den al-Qaida-Chef noch immer zum Stolperstein von geplanten Verhandlungen werden.

Saudi-Arabien contra Iran

Mahmud Ahmadinedschad und Hamid Karsai bei einem Treffen in Kabul (Foto:ap)
Auch Irans Präsident Ahmadinedschad bemüht sich um Einfluss in AfghanistanBild: AP

Überhaupt sei es eine Frage, wie stark die Regierung um Hamid Karsai, von den Vermittlungsbemühungen profitieren könne, sagt Sons. Und vor allem welche eigenen Interessen Saudi Arabien an Verhandlungen mit den Taliban besäßen: "Ein hundertprozentig verlässlicher Partner für Afghanistan kann auch Saudi-Arabien nicht sein, weil die ambivalenten Beziehungen zu den Taliban einer vollständigen Kooperation mit Kabul im Wege stehen könnten."

Und nicht nur das. Je mehr sich Saudi-Arabien in Afghanistan engagiert, desto mehr ruft das auch Afghanistans Nachbarn auf den Plan, sagt Sebastian Sons. Er denkt dabei vor allem an den traditionellen Konflikt zwischen Saudi Arabien und dem Iran. "Der Iran versucht sich auch sehr stark in Afghanistan zu engagieren. Von daher hat Saudi Arabien auch ein Interesse daran, seine Stellung in Afghanistan zu stärken, um den Iran einzugrenzen."

Nur wenig Erfolgschancen

Doch es ist nicht bloß fraglich, was sich der Golfstaat selbst von den Gesprächen mit den Taliban erwartet, sondern auch, welches realpolitisches Gewicht die geplanten Verhandlungen haben werden. Sebastian Sons glaubt nicht so recht an einen Erfolg, aber immerhin: Wenn Saudi-Arabien die Verhandlungskanäle zu den schwer zugänglichen Taliban auch nur einen Spalt öffnete, wäre das schon ein Fortschritt, von dem nicht nur Afghanistan, sondern auch der Westen profitieren könne.

Autorin: Melanie Riedel
Redaktion: Thomas Latschan