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Schäuble warnt Europa vor Abschottung

8. Juni 2016

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in einem Interview Europas Zukunftsaufgaben umrissen: Offene Grenzen, offene Märkte für Afrika und Nahost, Offenheit gegenüber Muslimen. Konservativ klingt anders.

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Finanzminister Wolfgang Schäuble PK Berlin Deutschland Steuern Foto: picture-alliance/dpa/B.v.Jutrczenka
Bild: picture-alliance/dpa/B.v.Jutrczenka

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Europa angesichts immer größerer Hürden für Migranten eindringlich vor einer Einigelung gewarnt. "Die Abschottung ist doch das, was uns kaputt machen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe", sagte der CDU-Politiker der Wochenzeitung "Die Zeit". Besonders die Rolle muslimischer Zuwanderer hob der Minister hervor. In Deutschland trügen Muslime zu Offenheit und Vielfalt bei: "Schauen Sie sich doch mal die dritte Generation der Türken an, gerade auch die Frauen. Das ist doch ein enormes innovatorisches Potenzial."

Umdenken für westliche Politik angeregt

Der Finanzminister plädierte dafür, sich stärker in Afrika und anderen benachteiligten Regionen der Welt zu engagieren. "Wir haben ja erst nach 1990 angefangen, uns ernsthaft mit der Tatsache zu beschäftigen, dass es außerhalb der westlichen Welt noch etwas anderes gibt", räumte er ein. "Hart gesagt, hat uns der Mittlere Osten Afrika vom Hals gehalten."

So forderte er einen grundlegenden Wandel im Umgang mit der arabischen Welt und Afrika: "Afrika wird unser Problem sein, wir müssen diese Aufgabe annehmen." Angesichts der vielen Flüchtlinge aus den Krisenzonen des Mittleren Ostens und Afrikas folgert Schäuble: "Eines ist doch klar für die Zukunft: Wir werden mehr im Irak investieren müssen, in Syrien und in Libyen, und dann werden wir in der Subsahara mehr für deren Entwicklung bezahlen müssen."

Offene Märkte und Abkehr vom Wachstumsstreben

Europa sollte endlich seine Märkte für Produkte aus diesen Regionen öffnen. "Die Nordafrikaner verlangen das jetzt von uns, wenn sie Flüchtlinge zurückhalten. Aber die haben doch auch recht", sagte Schäuble. In der globalisierten Welt sei es notwendig, noch einmal eine maßvolle Revolution, einen grundlegenden Wandel ohne Übertreibung zu schaffen. Eigentlich brauchten die reichen Länder gar nicht mehr so viel Wachstum. "Lasst uns doch lieber die aufstrebenden Ökonomien des Südens stärker fördern", sagte Schäuble. Wenn er das sage, werde er von seinen Amtskollegen der sieben wichtigsten Industrienationen (G-7) gelegentlich ein wenig belächelt, sagte Schäuble. "Das passt manchem nicht, wenn ich das sage."

Banger Blick in die USA

Zugleich mache er sich Sorgen um den Zustand der amerikanischen Demokratie, so Schäuble. Aus der Sicht eines nichtwestlichen Menschen sei diese inzwischen mehr eine Plutokratie des großen Geldes als eine Demokratie. "Auch die Amerikaner müssten lernen, die Welt aus der Perspektive von anderen zu sehen und nicht nur aus der eigenen. Warum ist es ihnen beispielsweise noch immer nicht richtig gelungen, Lateinamerika ein guter Partner zu sein?"

cgn/uh (afp, dpa, epd)